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Winterliche Dachsanierung in München: Chancen, Herausforderungen und rechtliche Rahmenbedingungen im Bauwesen für 2023


Dachsanierung im Winter in München: Technische, wirtschaftliche und rechtliche Parameter

Knappe Tageslichtstunden, frostige Temperaturen und gut gefüllte Auftragsbücher der Dachdeckerbetriebe stellen Entscheider vor die Frage, ob eine Dachsanierung im Winter praktikabel ist. Für gewerblich genutzte Immobilien im Großraum München ergeben sich jedoch handfeste Vorteile: geringere Störungen des Betriebsablaufs, frei verfügbare Kapazitäten in der Produktion und ein häufig schnellerer Behördenlauf. Nachfolgend werden die relevanten Rahmenbedingungen skizziert, die bei Planung und Ausführung einer winterlichen Dachmodernisierung zu berücksichtigen sind.

Aktuelle Ausgangslage im bayerischen Gebäudebestand

Etwa 60 % der Dächer in Bayern überschreiten ein Alter von 30 Jahren. Parallel zu dieser Alterung verschärft das Gebäudeenergiegesetz (GEG 2023) die energetischen Mindeststandards. In alpinen Randlagen steigen zudem die Bemessungsschneelasten; der Deutsche Wetterdienst verzeichnet in Teilen Oberbayerns Lastzuwächse von bis zu 10 % seit den 1980er-Jahren. Das Zusammenspiel aus energetischem Nachholbedarf, statischen Reserven und zunehmenden Extremwetterereignissen macht eine vorausschauende Sanierung dringend erforderlich – auch außerhalb der traditionellen Bausaison.

Bauphysik bei niedrigen Temperaturen

Diffusions- und Kondensationsmechanismen

Bei Außenlufttemperaturen um −5 °C wandert warme, feuchte Innenluft durch Leckagen nach außen. Trifft sie auf kalte Bauteiloberflächen, bildet sich Tauwasser, das bei weiterer Abkühlung gefriert. Ohne abgestimmte Dampfbremse und luftdichte Ebene drohen Feuchteschäden an Sparren, Latten und Dämmstoffen. Flachdächer über Produktionshallen sind besonders exponiert, da Prozesswärme den Feuchteeintrag zusätzlich erhöht.

Taupunktverschiebung während der Bauphase

Beim Öffnen des Dachaufbaus verlagert sich der Taupunkt temporär tiefer in die Konstruktion. Einschneien oder Feuchteeintrag in die Gefachräume fördert mikrobielles Wachstum. Unter winterlichen Bedingungen bewährt sich der Einsatz von Kondensationsheizern, die trockene Umluft unter die Notabdichtung leiten und den Bauteilwassergehalt kontrolliert reduzieren.

Gefahrenprofil und Sicherheitsmanagement auf der Winterbaustelle

Schneelasten und temporäre Öffnungen

In Landkreisen wie Miesbach sind charakteristische Schneelasten von 3,6 kN/m² anzusetzen. Bereits geringfügige Restlasten können beim partiellen Rückbau die Tragreserve älterer Pfettendächer überbeanspruchen. Eine vorgezogene statische Vorbemessung sowie mobile Abstützungen mindern das Risiko. Funkgestützte Drucksensoren ermöglichen eine fortlaufende Lastüberwachung.

Arbeitsschutzanforderungen

  • Gerüstbelagklasse 4 mit rutschhemmender Oberfläche
  • Freigehaltene Rettungs- und Fluchtwege
  • Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz gemäß DGUV Regel 112-198
  • Eisfreihaltung von Verkehrswegen und Materiallagerflächen

Witterungsbedingte Unterbrechungen gelten nach VOB/B nur dann als Behinderung, wenn sie unvorhersehbar sind; eine realistische Schlechtwetterreserve gehört daher in den Terminplan.

Normen, Förderkriterien und Vertragsgrundlagen

Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes

Wer mehr als 10 % der Dachfläche saniert, muss die U-Wert-Grenzen von 0,24 W/(m²·K) für geneigte und 0,20 W/(m²·K) für flache Dächer einhalten. Eine 30-prozentige Unterschreitung qualifiziert das Projekt für die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Zuschüsse von bis zu 15 % der förderfähigen Kosten sind möglich; bei Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans erhöht sich der Fördersatz um 5 Prozentpunkte.

Vertragliche Besonderheiten in der Winterausführung

Spezielle Witterungsklauseln in den Bauverträgen regeln, welche Temperaturen oder Niederschlagsmengen als bauzeitverlängernd gelten. In der Praxis werden Temperaturschwellen von −3 °C für Bitumenschweißarbeiten und −10 °C für Polyurea-Beschichtungen vereinbart. Messmethoden und Zuständigkeiten sollten im Vertrag eindeutig festgelegt sein.

Projektorganisation und Finanzierung

Optimierte Zeitfenster

Industriebetriebe verlagern die Arbeiten häufig in die Phase unmittelbar nach dem Jahreswechsel, wenn Linienstillstände oder Betriebsferien anstehen. Genehmigungsbehörden verzeichnen zu diesem Zeitpunkt erfahrungsgemäß geringere Auslastungen, was den Schriftverkehr beschleunigt.

Cash-flow-orientierte Finanzierungen

Für umfangreiche Capex-Projekte bietet der KfW-Kredit 263 tilgungsfreie Anlaufjahre, die mit den in Folgejahren erzielten Heizkosteneinsparungen korrespondieren. In gewerblichen Bilanzen können Sanierungskosten als Erhaltungsaufwand verbucht werden, sofern keine Standardanhebung erfolgt. Eine frühzeitige Abstimmung mit Steuerberatern sichert AfA-Potenziale.

Bautechnische Maßnahmen für Minusgrade

Temporäre Wetterschutzdächer

Aluminiumträger mit PVC-Folienhaut überspannen bis zu 20 m stützenfrei und schaffen eine witterungsgeschützte Zone. Die Montage erfolgt per Kran oder Laufschienen; der laufende Geschäftsbetrieb unterhalb bleibt uneingeschränkt möglich.

Vorfertigung und Modullogistik

In beheizten Werkhallen gefertigte Dach- oder Kassettenteile verkürzen die Montage auf wenige Minuten pro Element. Die Expositionsdauer des offenen Daches sinkt signifikant, wodurch das Feuchte- und Kälterisiko minimiert wird.

Kälteoptimierte Abdichtungsstoffe

  • Polyurea-Spritzsysteme mit Aushärtung bis −10 °C
  • Induktiv verschweißte Bitumenbahnen ohne offene Flamme
  • PMMA-Flüssigkunststoffe, regenfest nach 45 min

Herstellerfreigaben und objektspezifische Prüfzeugnisse sind als Bestandteil der Gewährleistungsunterlagen aufzunehmen.

Referenzprojekte aus Oberbayern

Bürokomplex an der Leopoldstraße

Ein fünfgeschossiger Bestandsbau von 1995 erhielt 2022 eine Aufsparrendämmung aus Mineralwolle 032. Die Heizenergie sank um 18 %. Dank Wetterschutzdach konnten IT-Arbeitsplätze ohne Unterbrechung betrieben werden.

Wohnanlage am Starnberger See

Ein Pultdach wurde im Winter modernisiert, um sommerliche Lärmbelästigung auszuschließen. Photovoltaik-Indachmodule und Holzfaserplatten sichern die Diffusionsoffenheit bei gleichzeitigem Hitzeschutz.

Einzelhandelsdach in einem Münchner Einkaufszentrum

Die Flachdachabdichtung wurde zwischen Januar und Februar mit PU-Sprühmembran erneuert. Der Kundenverkehr lief während der zehntägigen Bauzeit vollumfänglich weiter, da Abschnitte sequenziell bearbeitet wurden.

Qualitätssicherung und Dokumentation

Eine winterliche Dachsanierung verlangt engmaschige Kontrollen, um Material- und Verarbeitungsrisiken frühzeitig auszuschließen. Vor dem Schließen der Konstruktion empfehlen sich visuelle Prüfungen der Dampfbremse sowie Schweißnahtprotokolle für Bitumen- oder Foliensysteme. Wärmebildkameras decken Wärmebrücken bereits während der Montage auf, wenn der Temperaturunterschied zwischen Innen und Außen mindestens 15 K beträgt. Nach Fertigstellung ermöglicht ein Blower-Door-Test die quantitative Bewertung der Luftdichtheit; Werte unter n₅₀ = 1,5 h⁻¹ gelten bei Bestandsgebäuden als praxisgerechter Zielwert. Sämtliche Messprotokolle sind digitalen Bautagebüchern beizufügen und bilden bei späteren Gewährleistungsfragen eine belastbare Datengrundlage.

Digitale Werkzeuge für die Winterbaustelle

Building Information Modeling (BIM) beschleunigt die Detailkoordination zwischen Tragwerksplanern, TGA-Fachleuten und Dachdeckerbetrieben. 4D-Simulationen legen witterungsabhängige Montagefenster fest, damit Kraneinsätze und Materialanlieferungen nicht in Schlechtwetterphasen fallen. Drohnenbefliegungen mit LiDAR-Scan liefern aktuelle Geländemodelle für Gerüst- und Wetterschutzdachplanung. Auf der Baustelle nutzen Poliere cloudbasierte Checklisten, wodurch Freigaben in Echtzeit erfolgen und Standzeiten von Montageteams minimiert werden.

Entsorgung und Recycling alter Dachmaterialien

Beim Rückbau älterer Bitumendeckungen treten häufig asbesthaltige Unterlagen oder teerhaltige Klebemassen zutage. Eine orientierende Schadstoffprüfung im Vorfeld verhindert Baustopps und Fehlkalkulationen. In Bayern ist hierfür die Technische Regel TRGS 519 maßgeblich. Trägermaterialien aus EPS-Dämmstoff lassen sich sortenrein getrennt in regionale Aufbereitungsanlagen geben; metallische Aufbauten wie Rinnen und Halterungen werden in den Sekundärrohstoffkreislauf rückgeführt. Die Verwertungserlöse senken die Gesamtentsorgungskosten um bis zu 12 %.

Versicherungstechnische Aspekte

Bauherren sollten vor Baubeginn prüfen, ob sachgerecht eingedeckte provisorische Abdichtungen unter die bestehende Gebäudeversicherung fallen. Viele Policen schließen „offene Dächer“ explizit aus oder verlangen eine Zusatzdeckung. Für Montagezeiten unter 90 Tagen bietet sich eine zeitlich begrenzte Bauleistungsversicherung an, die auch Sturm- und Hagelschäden erfasst, welche im Winterhalbjahr in Oberbayern statistisch gehäuft auftreten. Eine Eigenbeteiligung von 1 % der Auftragssumme wird von Gewerbeversicherern als marktüblich angesehen.

Gewährleistung und Nachlaufphase

Für Dachabdichtungen beträgt die gesetzliche Verjährungsfrist fünf Jahre ab Abnahme. Um während der kalten Jahreszeit verdeckte Mängel nicht zu übersehen, wird eine ergänzende Begehung nach dem ersten Sommer empfohlen. Dabei stehen Versprödungen von Dichtstoffen, Lockerungen an Trapezblechverschraubungen und Setzungen im Anschlussbereich von Lichtkuppeln im Fokus. Dokumentierte Wartungskontrakte mit jährlicher Inspektion schützen den Auftraggeber vor Beweislastumkehr bei Schadenfällen und erhalten die Förderfähigkeit gemäß BEG.

ESG-Kriterien und Nachhaltigkeitsreporting

Unternehmen, die der EU-CSRD unterliegen, müssen Umweltkennzahlen ihrer Immobilien offenlegen. Eine energetisch optimierte Dachsanierung im Winter leistet hierzu messbare Beiträge: reduzierter Heizbedarf mindert Scope-1-Emissionen, und Recyclingquoten bei Dämmstoff und Blech steigen in die Materialflussanalyse ein. Zertifizierungssysteme wie DGNB oder BREEAM bewerten den Nachweis umgesetzter Kreislaufstrategien positiv; die Erstellung von Materialpässen wird durch die digitale Baustellendokumentation erleichtert.

Ausblick auf regulatorische Entwicklungen

Die angekündigte Novelle des Gebäudeenergiegesetzes sieht eine weitere Absenkung der Höchst-U-Werte für Nichtwohngebäude vor. Parallel plant das Bayerische Staatsministerium für Wohnen die Einführung eines Solarpflichtkatasters, wodurch Dächer mit mehr als 50 m² Fläche ab 2025 für Photovoltaik vorbereitet sein müssen. Die Kombination aus Aufsparrendämmung und integrierten PV-Modulen wird damit zum Standarddetail. Betriebe, die bereits jetzt wintertaugliche Montageabläufe beherrschen, sichern sich einen Wettbewerbsvorteil, da der Sanierungsdruck unabhängig von der Jahreszeit steigen wird.

Fazit: Eine Dachsanierung im Winter ist bei sorgfältiger Planung technisch beherrschbar, wirtschaftlich attraktiv und förderrechtlich unproblematisch. Wetterschutzdach, vorgefertigte Elemente und digitale Baustellenkoordination minimieren Risiken, während Qualitätssicherung und Versicherungsschutz die Nachhaltigkeit der Investition absichern. Unternehmen im Großraum München realisieren so kurze Betriebsunterbrechungen, verbessern ihre ESG-Kennzahlen und positionieren sich frühzeitig für kommende gesetzliche Anforderungen.

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