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Wallbox-Planung in Bestandsimmobilien für Gewerbe und Luxuswohnungen: So meistern Bauunternehmen die Herausforderungen der Elektromobilität in Bayern

Wallbox-Planung in Bestandsimmobilien für Gewerbe und Luxuswohnungen: So meistern Bauunternehmen die Herausforderungen der Elektromobilität in Bayern

Wallbox und Leitungswege im Bestand planen

Dynamik der Elektromobilität im Großraum München

Elektrisch betriebene Fahrzeuge prägen zunehmend Firmenflotten, Mitarbeiterparkplätze und hochwertige Wohnanlagen im südlichen Bayern. Immobilienverwaltungen und Bauherren müssen daher bestimmen, wie eine Wallbox nachträglich in bestehende Tiefgaragen oder Parkdecks eingebunden wird, ohne den laufenden Betrieb zu stören. Eine vorausschauende Ertüchtigung der Leitungswege verhindert spätere Aufbrüche, reduziert Stillstandszeiten und schafft Reserven für künftige Ladebedarfe.

Regulatorische Treiber und Förderkulisse

Gesetze und Normen

  • Novellierte Ladesäulenverordnung 2024: Pflicht zur Bereitstellung einer Mindestzahl an Ladepunkten bei gewerblichen Parkflächen mit mehr als 20 Stellplätzen.
  • Bayerische Bauordnung und EU-Paket „Fit for 55“: Verschärfter CO2-Fokus für Bestandsimmobilien, relevante ESG-Kennziffern gewinnen an Bedeutung.
  • Gebäudeenergiegesetz (GEG) 2024: Bei Sanierungen von mehr als 10 % der Nettogrundfläche sind Leerrohre für Ladeinfrastruktur vorzusehen.
  • DIN VDE 0100-600: Prüfgrundlage für elektrische Anlagen einschließlich Ladepunkten, verbindlich für die Abnahme.

Förderprogramme

  • KfW-Programm 442: Zuschüsse für Ladeinfrastruktur und Energiemanagement in Wohngebäuden.
  • Bundeszuschuss für gewerbliche Schnelllader: bis zu 900 € pro Ladepunkt.
  • Bayerisches Landesprogramm: Förderquote bis 40 % bei Einbindung regenerativer Stromquellen.

Die Antragstellung hat in der Regel vor Auftragserteilung zu erfolgen. Eine projektbegleitende Dokumentation von Lastgängen und CO2-Einsparungen beschleunigt die Bewilligung.

Technische Planungsparameter für Leitungswege

Leitungsquerschnitt, Trassenführung und Schutzart richten sich nach der geplanten Anschlussleistung pro Stellplatz sowie dem vorgesehenen Lastmanagement. Ein Master-Layout fasst folgende Kernpunkte zusammen:

  1. Position der Unterverteiler, idealerweise getrennt nach Nutzungseinheiten.
  2. Stromschienen- oder Kabeltragsysteme mit Platzreserve von mindestens 20 %.
  3. Vorkonfektionierte Brandschotts zur Begrenzung von Montagezeiten.
  4. Leerrohre bis zur Stellplatzkante für spätere Erweiterungen ohne Bodenöffnungen.

Wirtschaftliche Vorausschau

Eine Vollkostenrechnung umfasst neben der Wallbox-Hardware Anschlussleistung, Trafokapazität, Netzentgelte, gegebenenfalls Mieterstrommodelle sowie Anpassungen des Brandschutzes. Früh integrierte Gebäudeautomation ermöglicht spätere Funktionen wie Peak-Shaving oder bidirektionales Laden ohne erneuten Umbau.

Realisierung im laufenden Betrieb

Phasenorientierte Bauabwicklung

Um Betriebsunterbrechungen zu minimieren, werden Leitungswege zuerst installiert und geprüft; die Montage der Ladepunkte erfolgt anschließend in zeitlich abgestimmten Clustern. Arbeiten an Wochenenden oder in produktionsfreien Fenstern reduzieren Sperrzeiten. Ein Baulogistikkonzept mit festgelegten Anlieferfenstern verhindert Beeinträchtigungen in Ein- und Ausfahrten.

Qualitätssicherung

Vor Inbetriebnahme dokumentiert ein Prüfprotokoll nach DIN VDE 0100-600 Isolation, Schleifenimpedanz und RCD-Auslösetest. Damit sind Haftungsfragen eindeutig adressiert und eine spätere Erweiterung ist technisch nachvollziehbar.

Gebäudespezifische Betrachtung

Büro- und Verwaltungsimmobilien

In Unternehmenszentralen werden Ladevorgänge häufig kostenstellenbezogen abgerechnet. Ein OCPP-fähiges Backend ermöglicht die Zuordnung zu Dienstfahrzeugen, Besucherflotten oder Privatfahrzeugen von Mitarbeitenden. Eigenstrom aus Photovoltaik senkt Lastspitzen und verbessert ESG-Ratings.

Premium-Wohngebäude

Im gehobenen Wohnsegment ist eine unsichtbare Leitungsführung entscheidend. Sockelkanäle oder Doppelbodenlösungen erhalten das Erscheinungsbild der Garage. Bidirektionales Laden erhöht die Versorgungssicherheit der Gesamtanlage und unterstützt Peak-Shaving.

Einzelhandel und gemischt genutzte Areale

Ladepunkte in Sichtweite des Haupteingangs verlängern die Verweildauer der Kundschaft. Da der Netzanschluss häufig an der Gebäuderückseite liegt, minimiert ein frühzeitig definiertes Leitungswegekonzept Eingriffe im Verkaufsraum. Korrosionsgeschützte Leerrohre unter dem Pflaster ermöglichen eine schnelle Anbindung zusätzlicher Ladepunkte.

Logistik- und Produktionsstandorte

In Lagerhallen oder Fertigungsstätten liegen die Stellplätze oft weit entfernt vom Hauptverteiler. Hier empfiehlt sich ein redundantes Stromschienensystem, das sowohl Krananlagen als auch die Wallbox-Infrastruktur versorgt. Für Staplerladezonen, Schnellladestationen für Lieferflotten und Pkw-Parkbereiche sind getrennte Stromkreise mit eigener Fehlerstrom-Schutzeinrichtung vorzusehen, um Produktionsstillstände bei Auslösen eines RCD zu verhindern. In bayerischen Gewerbegebieten verlangen Netzbetreiber zudem Leistungsmeldungen ab 12 kVA pro Ladepunkt; die frühzeitige Abstimmung sichert verbindliche Einspeisezusagen.

Schnittstellen zum Energieversorger

Bei Anschlussleistungen über 250 kVA wird im Großraum München regelmäßig ein Übergabeschrank nach TAB 2021 gefordert. Dieser ermöglicht den Einbau fernschaltbarer Leistungsschalter, mit denen der Netzbetreiber bei kritischen Lastsituationen eingreifen kann. Planer sollten den Aufstellort frostfrei und gut belüftet wählen, da Temperaturschwankungen elektronische Komponenten beeinträchtigen. Der Platzbedarf beträgt inklusive Wartungszone mindestens 1,8 × 1,5 m. Ein separater Zählerschrank für Ladeinfrastruktur erleichtert die Abrechnung gegenüber mehreren Mietern oder Gewerbeeinheiten.

Dynamisches Lastmanagement

Ein softwaregestütztes Lastmanagement verteilt verfügbare Leistung bedarfsgerecht auf alle Ladepunkte. In Münchner Mehrfamilienhäusern genügt häufig ein statischer Korrekturfaktor von 0,3, während Gewerbeobjekte mit Lastspitzen ein dynamisches Verfahren benötigen. Hierfür werden Stromwandler hinter dem Hauptzähler installiert, die Echtzeitdaten an die Steuerzentrale liefern. Das System priorisiert definierte Nutzergruppen, etwa Poolfahrzeuge oder Kühl­transporter, und verhindert Netzüberlastungen, ohne die Ladezeit wesentlich zu verlängern. Eine modulare Architektur gestattet das Nachrüsten weiterer Wallbox-Controller, sobald neue Stellplätze elektrifiziert werden.

Abrechnungs- und Backendlösungen

Betriebsräte und Datenschutzbeauftragte verlangen eine klare Trennung von dienstlichen und privaten Ladevorgängen. Ein OCPP-Backend mit RFID-Authentifizierung erfüllt diese Vorgaben und schafft Transparenz gegenüber Finanzbehörden. In Bayern akzeptieren die Finanzämter aktuell zwei Varianten: eine geeichte Direktmessung in der Wallbox oder eine eichrechtskonforme Zwischenmessung im Unterverteiler. Bei Firmenflotten mit über 100 Fahrzeugen empfiehlt sich ein ERP-integriertes System, das Kostensätze automatisch an die Kostenstellen verrechnet und CO₂-Reports für Nachhaltigkeitsberichte generiert.

Instandhaltung und Servicekonzepte

Die DIN VDE 0105-100 schreibt wiederkehrende Prüfungen für elektrische Anlagen vor. Praxisgerecht ist ein zweistufiges Modell: eine Sicht- und Funktionskontrolle alle sechs Monate sowie eine messtechnische Prüfung alle vier Jahre. Wartungsverträge mit lokalen Servicepartnern senken Reaktionszeiten, insbesondere bei Tiefgaragen mit beschränkten Zugangsfenstern. Für Ladepunkte in stark belasteten Industrieumgebungen empfiehlt sich ein IP65-Gehäuse und eine jährliche Reinigung der Lüftungsschlitze, um Ausfälle durch Staubablagerungen zu vermeiden.

Brandschutz und Versicherungsaspekte

Versicherer fordern in Tiefgaragen meist eine Brandfrühesterkennung, wenn mehr als zehn Ladepunkte installiert sind. Linienförmige Wärmemelder entlang der Kabeltrasse erkennen Temperaturanstiege frühzeitig und sind mit der Sprinklerzentrale koppelbar. In bestehenden Objekten lässt sich die Anlage oft in die Gebäudeautomation integrieren, ohne neue Leitungen zu verlegen. Abschottungen nach MLAR müssen jeweils der Feuerwiderstandsklasse der durchdrungenen Bauteile entsprechen; das Bayerische Innenministerium akzeptiert hierbei nachträglich eingebaute Kombischotts, sofern Prüfzeugnisse vorliegen. Eine lückenlose Dokumentation aller Maßnahmen ist Grundlage für den Versicherungsschutz.

Zukunftsoptionen: Vehicle-to-Grid und Quartiersnetze

Mit wachsender Zahl bidirektionaler Fahrzeuge entsteht ein dezentrales Energiespeicherpotenzial. In Mischquartieren südlich von München werden bereits erste Pilotnetze umgesetzt, bei denen E-Fahrzeuge als Pufferspeicher dienen. Voraussetzung ist eine Wallbox mit ISO 15118-Schnittstelle und ein Netzbetreiber, der rückspeisenden Strom vergütet. Die Integration gelingt am einfachsten, wenn Trafostation, Smart-Meter-Gateway und Energiemanagement von Anfang an auf bidirektionale Flüsse ausgelegt sind. So lassen sich Spitzenlasten glätten und Stromgestehungskosten minimieren.

Praxischeck: Wirtschaftlichkeitsberechnung

Eine Vollkostenanalyse sollte mindestens folgende Faktoren berücksichtigen: Investition in Leitungswege, Trafokapazität, regelmäßige Wartung, Lebenszyklus der Wallbox, Netzanschlussgebühren und mögliche Rückspeiseerlöse. In typischen Bürokomplexen im Münchner Umland amortisiert sich eine Ladeinfrastruktur mit intelligentem Lastmanagement nach sechs bis acht Jahren, sofern Fördermittel beantragt und Eigenstromanteile von mindestens 30 % genutzt werden. Entscheidungsgrundlage ist eine Cashflow-Analyse, die Szenarien für Strompreissteigerungen und Flottenwachstum abbildet.

Projektdokumentation und Behördenabnahme

Für die Schlussabnahme verlangt die örtliche Bauaufsicht eine Bestätigung nach § 83 BayBO, dass alle technischen Regeln eingehalten wurden. Eine strukturierte Projektdokumentation umfasst Stromlaufpläne, Brandschutzkonzept, Prüfprotokolle, Förderbescheide und Bedienungsanleitungen. Digitale Übergabe in Form eines BIM-Modells erleichtert spätere Erweiterungen und dient als Nachweis bei Gewährleistungsansprüchen.

Empfehlungen für den Projektstart

Erfolgreiche Bauherren beginnen mit einer Bestandsaufnahme, in der Aufnahmeprotokolle, Leistungsreserven und Brandschutzklassen systematisch erfasst werden. Darauf folgt ein Machbarkeitskonzept inklusive Kostenschätzung, das bereits Fördermöglichkeiten einpreist. Erst dann lohnt die Ausschreibung, bei der Leistungsbeschreibungen nach VOB/C die Vergleichbarkeit sichern. Für Ausführungsplanung, Montageüberwachung und Prüfdokumentation sollte ein Sachverständiger für Elektrotechnik benannt werden, um Haftungsrisiken zu minimieren.

Fazit
Die nachträgliche Integration einer Wallbox erfordert in Bayern eine präzise Abstimmung von Technik, Behördenauflagen und Wirtschaftlichkeit. Ein durchgängiges Planungskonzept, das Leitungswege, Lastmanagement und Brandschutz früh zusammenführt, senkt Investitionskosten und beschleunigt die Genehmigung. Firmenkunden, die Fördermittel, EEG-Strom und ein skalierbares Backend kombinieren, schaffen eine zukunftssichere Ladeinfrastruktur mit klaren Betriebskosten und hoher Ausfallsicherheit.

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