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Solarthermie im Wohnbau: Wichtiger Schritt für nachhaltige Bauprojekte in Bayern und Kostensenkung bei steigenden Energiepreisen

Solarthermie im Wohnbau: Wichtiger Schritt für nachhaltige Bauprojekte in Bayern und Kostensenkung bei steigenden Energiepreisen

Solarthermie im Wohnbau – Effiziente Wärmeversorgung für den Großraum München

Marktdynamik und strukturelle Anforderungen

Wohn- und Mischimmobilien in München unterliegen einem komplexen Zusammenspiel aus steigenden Energiekosten, ambitionierten Klimavorgaben und Investorenanforderungen. Die Deutsche Bundesbank weist für 2023 einen Anstieg der Wärmekosten um rund 18 % aus – ein Trend, der sich laut Prognosen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft fortsetzen dürfte. Parallel dazu verlangt das Gebäudeenergiegesetz (GEG) seit 2024 einen Anteil erneuerbarer Energien von 65 % in Neubauten. Für Bestandsgebäude wächst der Druck über ESG-Ratings und Finanzierungskonditionen. Solarthermie adressiert diese ökonomischen wie regulatorischen Treiber, indem sie lokal verfügbare Sonnenenergie in Gebäudewärme überführt und so Primärenergiebezug sowie CO2-Bilanz senkt.

Datenlage, Potenziale und Wirtschaftlichkeit

Technische Eignung städtischer Dachflächen

Eine Untersuchung der Technischen Universität München ermittelte, dass in der Landeshauptstadt rund 52 % der Dachflächen von Mehrfamilienhäusern statisch und geometrisch für eine solarthermische Nachrüstung qualifiziert sind. Voraussetzung ist in der Regel eine Flächenreserve von mindestens 1 m² Kollektor je 2 m² Wohnfläche. Flachdächer erfüllen die notwendige Lastaufnahmekapazität von 25 kg/m² häufig bereits bei vorhandener Gefälledämmung. Die Integration von Vakuumröhrenkollektoren bietet dabei Vorteile in diffusen Lichtsituationen, die durch Föhnlagen oder innerstädtische Verschattung entstehen.

Vergleichswert Wärmegestehungskosten

Laut Stadtwerke München beträgt der mittlere Fernwärmepreis aktuell 11,2 ct/kWh. Pilotanlagen im Münchner Osten zeigen Wärmegestehungskosten von 4,8 – 5,6 ct/kWh für solarthermische Systeme ab 150 m² Kollektorfläche. Die Wirtschaftlichkeit verbessert sich weiter durch Synergien mit Wärmepumpen oder Absorptionskälteanlagen, die eine ganzjährige Nutzung der Kollektoren ermöglichen.

Regulatorischer Rahmen und Förderkulisse

Gebäudeenergiegesetz und BEG

Das GEG definiert seit Januar 2024 verbindlich den Erneuerbaren-Anteil in Neubauten. Für Sanierungen greifen die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) sowie die KfW-Programme 297/298. Je nach Effizienzstandard sind Investitionszuschüsse von bis zu 40 % möglich. Projekte über 100 kW Kollektorleistung erreichen in der Praxis häufig förderfähige Summen im hohen fünfstelligen Bereich. Grundlage hierfür ist eine Planung nach VDI 6002 Blatt 1, einschließlich hydraulischem Abgleich und Ertragsprognose.

Landesprogramm Bayern

Der Freistaat ergänzt die Bundesförderung durch das 10 000-Häuser-Programm. Gewerbliche Vorhaben erhalten Bonusmodule bei Nachweis eines primärenergetischen Vorteils gegenüber Referenzgebäuden, wodurch sich Tilgungszuschüsse kumulieren lassen. Förderanträge sind in allen Programmen vor Auftragsvergabe einzureichen und binden den Projektablauf an klare Zeitfenster.

Planungs-, Bau- und Betriebsphasen

Machbarkeits- und Ertragsanalyse

Der Initialschritt umfasst eine standortspezifische Simulation. Parameter wie Globalstrahlung, Dachneigung, Verschattungswinkel und Speichergrößen fließen in ein thermisches Modell ein. Ein Generalübernehmer wie BETSA erstellt innerhalb von vier Wochen einen Bericht, der interne Verzinsung (IRR), Amortisationsdauer und CO2-Minderung quantifiziert. In Gebäuden mit hohem Warmwasserbedarf – etwa Boardinghäusern oder Kliniken – werden IRR-Werte zwischen 8 % und 12 % erreicht.

Statik, Leitungsführung und Kollektorlayout

Vor der Installation prüft ein Tragwerksplaner die Lastreserven der Dachkonstruktion. Der hydraulische Anschluss erfolgt vorzugsweise über vorisolierte Edelstahlleitungen zum Pufferspeicher im Technikraum. Für Kollektorfelder ab 200 m² empfiehlt sich eine feldweise Anordnung in Ost-West-Ausrichtung, um den Ertrag über den Tagesverlauf zu strecken.

Automatisierung und Monitoring

Digitale Regler passen den Volumenstrom im Solarkreis an die Einstrahlung an und minimieren Stillstandsverluste bei Teilverschattung. Ein BACnet- oder Modbus-Anschluss ermöglicht die Einbindung in vorhandene Gebäudeleittechnik. Über ein cloudbasiertes Monitoring lassen sich Betriebsdaten auswerten und Wartungsintervalle optimieren.

Branchenspezifische Beispiele aus München und Umgebung

Büro- und Verwaltungsgebäude

Eine Unternehmenszentrale in der Maxvorstadt modernisierte 2022 ihre 9 200 m² Nutzfläche. 180 m² Kollektorfläche sowie ein 15 m³ Pufferspeicher decken 42 % des jährlichen Wärme- und Kältebedarfs ab. Die CO2-Emissionen sinken um 85 t pro Jahr. Die prognostizierte Amortisation laut Controlling: 7,8 Jahre.

Wohngebäude im Premiumsegment

Im Starnberger Fünfseenland entstand 2023 eine Villa mit 780 m² Wohnfläche. 60 m² Fassadenkollektoren hinter ESG-Glas liefern 55 % des Warmwasserbedarfs. In Kombination mit einer Sole/Wasser-Wärmepumpe reduzieren sich die jährlichen Heizkosten auf etwa ein Drittel vergleichbarer Objekte ohne Solarthermie.

Logistik- und Produktionsimmobilien

Ein Logistikzentrum in Parsdorf integrierte 2021 320 m² Flachkollektoren in sein Heizsystem. Die Anlage ersetzt jährlich 110 MWh Erdgas und reduziert die Betriebskosten um rund 22 000 Euro. Die modulare Bauweise ermöglichte die Umsetzung ohne Unterbrechung des Betriebs.

Solarthermie überführt globale Einstrahlung von durchschnittlich 1 160 kWh/m² · a in nutzbare Wärme – ein energetisches Potenzial, das in urbanen Dächern häufig ungenutzt bleibt.

Integrationsoptionen in hybride Gebäudekonzepte

Die Kopplung von Solarthermie mit Wärmepumpen, Blockheizkraftwerken oder Fernwärme eröffnet flexible Betriebsstrategien. In bivalenter Auslegung speist das solarthermische System Vorrangwärme ein, während Spitzenlasten durch konventionelle Quellen abgedeckt werden. Für Quartiere mit gemischter Nutzung kann die Wärme über ein Niedertemperaturnetz verteilt und bei Bedarf zur Kälteerzeugung mittels Absorptionskältemaschinen genutzt werden.

Betriebsoptimierung und Wartung

Ein dauerhaft hoher Solarertrag setzt eine konsequente Betriebsführung voraus. Primär werden Kollektorvorlauf, Rücklauftemperatur und Speichertemperatur in Echtzeit erfasst. Algorithmen gleichen die Sollwerte mit Wetterdaten aus der DWD-Schnittstelle ab und passen die Pumpendrehzahl gleitend an. Dadurch sinkt die elektrische Hilfsenergie um bis zu 12 % gegenüber fixen Volumenströmen. Für Wartungsintervalle hat sich ein Turnus von 24 Monaten bewährt. Dabei werden pH-Wert und Frostschutzkonzentration des Wärmeträgers überprüft, Dichtungen kontrolliert und der hydraulische Abgleich nachgeregelt. Monitoringberichte dokumentieren den spezifischen Jahresertrag in kWh pro Quadratmeter Kollektorfläche und dienen als Frühwarnsystem bei Leistungseinbußen durch Verkalkung oder Stagnation.

Lebenszykluskosten und Risikobetrachtung

Die Investitionskosten großflächiger Anlagen im Großraum München bewegen sich aktuell zwischen 620 € und 770 € pro Quadratmeter Aperturfläche, abhängig von der Einbindungstiefe in die Gebäudetechnik. Über eine Projektlaufzeit von 25 Jahren entsteht ein mittlerer Kapitalwert von 180 € bis 260 € je Megawattstunde vermiedener Fernwärme, sofern Wartungs- und Betriebskosten mit 0,9 % der Anfangsinvestition p.a. angesetzt werden. Technische Risiken lassen sich durch Quality-Assurance-Verfahren minimieren: Druckprobe nach DIN 4757, Inbetriebnahmemessungen nach VDI 3988 und regelmäßige Thermografie decken Schwachstellen frühzeitig auf. Typische Degradationseffekte liegen bei 0,3 % jährlich und sind in Monte-Carlo-Simulationen leicht abbildbar.

Finanzierungs- und Contractingmodelle

Neben klassischer Eigeninvestition gewinnen Wärme-Contracting und Energy-Service-Company-Modelle (ESCO) an Bedeutung. Dabei übernimmt ein Contractor die Finanzierung, Planung und den Betrieb; der Immobilienbetreiber zahlt lediglich eine laufende Wärmelieferung, meist indexiert auf den Gaspreis abzüglich eines garantierten Abschlags. Für größere Wohnanlagen in München werden Wärmepreise von 6,0 – 6,5 ct/kWh erzielt, inklusive Vollwartung. Bei gewerblich genutzten Objekten kann ein Contracting die Bilanzverlängerung vermeiden und so positive Effekte auf Kennzahlen wie Loan-to-Value oder Debt-Service-Coverage-Ratio bewirken. Fördermittel aus der BEG dürfen hierbei in der Regel an den Investor weitergereicht und im Wärmepreis verrechnet werden, sofern dies vertraglich transparent ausgewiesen ist.

Digitale Planungstools und BIM-Integration

Eine Building-Information-Modeling-basierte Planung ermöglicht kollisionsfreie Leitungsführung und erleichtert die Abstimmung mit Dach-, Elektro- und Fassadengewerken. Der Kollektor wird als parametrisches Objekt mit thermischen Kennwerten (η₀, a₁, a₂) im Modell hinterlegt. Während der Bauphase können QR-Codes an Einzelkomponenten die lückenlose Dokumentation gemäß VOB/C unterstützen. Für den Betreiber steht später ein Digital Twin bereit, der Wartungstickets automatisiert generiert und Ersatzteilbestände verwaltet. In Sanierungsprojekten erleichtert ein 3D-Laserscan die statische Vorprüfung und beschleunigt die Genehmigungsplanung um erfahrungsgemäß zwei bis drei Wochen.

Genehmigung, Brandschutz und Arbeitssicherheit

Solarthermische Großanlagen fallen in Bayern unter Art. 57 BayBO und sind damit genehmigungsfrei, solange sie nicht mehr als 1 m über Dach herausragen und der Abstand zur Dachkante 1,25 m beträgt. Bei Überschreitung dieser Grenzen ist ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren erforderlich. Brandschutzfachplaner berücksichtigen die zusätzliche Dachlast in der Feuerwiderstandsklasse, prüfen Blitzschutzanbindung nach VDE 0185-305 und stellen sicher, dass Rettungswege nicht beeinträchtigt werden. Arbeitssicherheitskonzepte nach DGUV V2 sehen während der Montage Seitenschutz oder Sekuranten vor; eine Gefährdungsbeurteilung ist Teil der Ausführungsplanung.

Synergien mit Quartiers- und Nahwärmenetzen

Im dichter bebauten Stadtgebiet bieten sich Wärmenetze im Temperaturbereich von 45 – 65 °C als Verteilsystem an. Solarthermie deckt hier die Grundlast, ein gasbetriebenes Spitzenlastkesselhaus oder eine Luft/Wasser-Wärmepumpe übernimmt an sonnenschwachen Tagen. Durch die hydraulische Entkopplung über Pufferspeicher kann eine Leistungsreserve von 10 % vorgehalten werden, ohne die Kollektorfläche zu vergrößern. Kommunale Liegenschaften wie Schulen oder Sporthallen eignen sich als dezentrale Einspeiser und erhöhen die Flächeneffizienz des Gesamtnetzes. Wirtschaftlich wird das Modell, wenn mindestens 3 000 MWh Jahreslast gebündelt werden und die Trassenlänge unter zwei Kilometern bleibt.

Ausblick auf technologische Entwicklungen

In der nächsten Entwicklungsstufe rücken hochselektive Beschichtungen mit Emissionswerten < 0,05 sowie Vakuumflachkollektoren in den Fokus. Erste Prototypen erreichen Stillstandstemperaturen von über 220 °C und eröffnen Optionen für Prozesswärme oder Sorptionskälte. Zusätzlich arbeiten Hersteller an integrierten Photovoltaik-Thermie-Modulen (PVT), die elektrische und thermische Energie parallel bereitstellen. In Simulationsstudien des ZAE Bayern steigern PVT-Systeme die solare Deckungsrate um bis zu 15 %, ohne Mehrfläche zu beanspruchen. Für Projektentwickler im Großraum München bedeutet dies mehr Gestaltungsfreiheit auf begrenzten Dachflächen und eine weitere Diversifizierung der Energieträger.

Fazit
Solarthermische Anlagen senken Wärmekosten, erfüllen die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes und stabilisieren ESG-Kennzahlen. Eine sorgfältige Vorplanung, BIM-basierte Koordination und bedarfsgerechte Betriebsführung minimieren Risiko und maximieren Rendite. Für Bauträger, Bestandshalter und Gewerbeimmobilien im Großraum München entsteht damit ein belastbares Instrument, um regulatorische Vorgaben zu erfüllen und Energiekosten langfristig zu fixieren.

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