Schimmelgefahr im Winter: Richtiges Lüften im bayerischen Gewerbebau
Winterliche Feuchtebelastung und Gebäudestandards
In München und ganz Bayern trifft trockene Außenluft auf dichte Gebäudehüllen, die aus Gründen der Energieeffizienz kaum unkontrollierte Luftströmungen zulassen. Gleichzeitig erzeugen hohe Belegungsdichten, IT-Abwärme und moderne Ausbaumaterialien kontinuierlich Feuchte im Innenraum. Überschreitet die relative Luftfeuchte bei niedrigen Oberflächentemperaturen 70 %, kondensiert Wasser an Wärmebrücken – der Nährboden für Schimmel ist geschaffen. Der Zusammenhang gilt für Bürokomplexe ebenso wie für gemischt genutzte Quartiere.
Regulatorischer Rahmen und Wirtschaftlichkeit
Gesetzliche Vorgaben
Das Gebäudeenergiegesetz fordert in § 13 einen nachweisbaren Mindestluftwechsel, der „gesundheitlich zuträgliche Raumluft“ sicherstellt. In Bayern überwachen Kommunen zusätzlich die Einhaltung regionaler Ausführungsverordnungen. Werden Lüftungskonzepte nicht nachgewiesen, drohen Nutzungsbeschränkungen sowie Gewährleistungsansprüche durch Mieterinnen und Mieter.
Förderkulisse und Investitionsfaktoren
Die Bundesförderung für effiziente Gebäude bezuschusst Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung um bis zu 20 % der förderfähigen Kosten. Ergänzend unterstützt das bayerische 10 000-Häuser-Programm auch gewerblich genutzte Gebäude mit zinsbegünstigten Darlehen, sofern ein abgestimmtes Lüftungs- und Energiemonitoring vorliegt. Durchschnittliche Sanierungskosten nach Schimmelbefall liegen laut TÜV 2023 bei rund 480 €/m² Nutzfläche; daraus ergibt sich bei mittelgroßen Büroimmobilien schnell eine siebenstellige Schadenssumme. Demgegenüber amortisieren sich präventive Lüftungslösungen in der Regel innerhalb von drei bis fünf Heizperioden.
Planungs- und Ausführungsaspekte
Integrale Konzeptentwicklung
Architektinnen, TGA-Planer und Bauphysiker legen im Rahmen der Vorplanung belastbare Luftwechselraten fest, die Lastprofile, Außenklima und Raumgeometrie berücksichtigen. Hybride Systeme, die Fensterantriebe mit einer zentralen Wärmerückgewinnung kombinieren, reduzieren Lüftungswärmeverluste um bis zu 65 %. Eine Lebenszyklusberechnung zeigt: Zusatzkosten von etwa drei Prozent der Investitionssumme senken langfristig die Betriebsausgaben um ein Viertel.
Qualitätssicherung auf der Baustelle
Während der Ausführung sind luftdicht verschlossene Durchdringungen entscheidend. Bereits ein Millimeter Fuge im Kanalsystem kann zu Feuchteakkumulation in der Dämmung führen. Sensoren für Temperatur und rF-Messung werden frühzeitig installiert und an die Gebäudeautomation angebunden. Bei Außentemperaturen unter fünf Grad Celsius steuert das System kurze, intensive Lüftungszyklen, um Taupunktunterschreitungen an kalten Bauteilen zu verhindern. Lückenlose Messprotokolle bilden die Grundlage für spätere Gewährleistungs- oder Haftungsfragen.
Branchenspezifische Betrachtungen
Büro- und Konzernstandorte
Großraumbüros weisen durch Personenlasten und EDV-Equipment hohe Feuchte- und CO₂-Spitzen auf. Ohne kontrollierte Luftführung kann die relative Feuchte innerhalb weniger Stunden über 60 % steigen und Kondensationsrisiken auslösen. Sensorbasierte Algorithmen, die Personenanzahl, CO₂-Konzentration und Außenklima verknüpfen, halten Feuchtewerte stabil und verbessern zugleich das Arbeitsklima.
High-End-Wohnimmobilien
Fußbodenheizung, Wellnessbereiche und großflächige Verglasungen erhöhen das latente Feuchteniveau in Luxuswohnungen. Schallgedämpfte Kanäle, optisch zurückhaltende Gitter und App-basierte Steuerungen integrieren sich unauffällig in hochwertige Innenarchitektur. In saisonal genutzten Anwesen verhindert eine reversible Wärmepumpe mit integrierter Lüftung Stockflecken in wenig frequentierten Räumen.
Einzelhandel und Mischobjekte
Besucherströme in Einkaufsbereichen erzeugen kurzfristige Feuchtespitzen. Eine bedarfsgeführte Lüftung, die Umsatz- oder Frequenzdaten einbezieht, reagiert dynamisch auf diese Schwankungen und hält das Raumklima konstant. Parkett- und Holzoberflächen profitieren besonders, da temporäre Feuchteanreicherung maßgebliche Schadensursachen eliminiert.
Monitoring und datenbasierte Steuerung
Ein Lüftungskonzept entfaltet seine volle Wirksamkeit erst, wenn die Randbedingungen dauerhaft überwacht werden. In bayerischen Gewerbebauten kommen inzwischen vernetzte Multisensoren zum Einsatz, die relative Luftfeuchte, CO₂, Temperatur und VOC in Fünf-Minuten-Intervallen erfassen. Die Rohdaten fließen in das Gebäudeleitsystem und werden mit Wetterprognosen aus dem Deutschen Wetterdienst abgeglichen. Algorithmen passen die Luftwechselrate vorausschauend an: Steht ein Kälteeinbruch bevor, erhöht das System die Nachtlüftung, um Bauteile auszukühlen und spätere Kondensation zu verhindern. Betreiber erhalten wöchentliche Berichte mit Kennzahlen wie „Feuchtestunden > 70 % rF“, wodurch Schimmelgefahr transparent quantifiziert wird.
Wartung, Hygiene und Lebenszykluskosten
In der Praxis hängt die Wirtschaftlichkeit weniger von der Ersteinvestition als von planvollen Wartungsintervallen ab. Filterwechsel nach VDI 6022, halbjährliche Dichtheitsprüfungen der Kanäle und eine jährliche Kalibrierung der Feuchtesensoren sind Mindeststandards. Erfahrungswerte aus München zeigen: Ein zusätzliches Wartungsbudget von 0,9 % der Herstellungskosten senkt ungeplante Stillstände um mehr als 40 %. Werden Hygieneinspektionen vernachlässigt, bilden sich Biofilme, die nicht nur den Volumenstrom mindern, sondern auch als Schimmelquelle wirken können. Ein digital hinterlegter Wartungsplan mit QR-Codes an jeder Revisionsöffnung erleichtert die Dokumentation für Sachverständige und Behörden.
Rechtliche Haftungsrisiken
Gewährleistungsansprüche wegen Schimmelbildung verjähren nach § 634a BGB frühestens fünf Jahre nach Abnahme. Kommt es in dieser Frist zu Schäden, prüfen Gerichte regelmäßig, ob DIN 1946-6 oder die Lüftungsnorm für Innenräume DIN EN 16798 eingehalten wurden. In Bayern gilt zudem die Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen, die auf eine luftdichte Ausführung nach DIN 4108-7 verweist. Wird keine lückenlose Lüftungsdokumentation vorgelegt, verlagert sich die Beweislast häufig auf den Eigentümer oder Betreiber. Wer daher Sensorwerte, Wartungsprotokolle und Blower-Door-Testergebnisse archiviert, minimiert das Haftungsrisiko signifikant.
BIM und Digital Twin im Bestandsportfolio
Große Immobilienhalter in Nürnberg oder Augsburg nutzen Building-Information-Modelle längst nicht mehr nur für den Neubau. Nachträglich erstellte BIM-Modelle verknüpfen Geometrie, Materialdaten und Live-Sensordaten zu einem Digital Twin. Dadurch lassen sich Feuchtehotspots virtuell identifizieren und Sanierungsmaßnahmen präzise planen. Eine Simulation im Modell verdeutlicht etwa, wie schon der Austausch einer Innentür gegen ein verglastes Element die Luftzirkulation verbessert und die Gefahr lokaler Kondensationsnester vermindert.
Energetische Synergien mit Wärmepumpen und Fernkälte
Gerade in dicht bebauten Münchner Quartieren gewinnt die Kopplung der Lüftung mit Fernkältenetzen an Bedeutung. Zentrale Lüftungsgeräte speisen ihre Abwärme in Wärmepumpen, die Fußbodenheizungen oder Warmwasserspeicher versorgen. Im Winter reduziert dieses Konzept nicht nur Heizkosten, sondern verhindert, dass Zuluft zu stark abgekühlt wird und an kalten Fassadenteilen auskondensiert. In Vergleichsobjekten wurden bei identischer Nutzfläche rund 18 % Primärenergie eingespart und die rF-Spitzen um 12 Prozentpunkte gesenkt.
Praxisbeispiel: Umbau eines innerstädtischen Bürohauses
Ein sechsgeschossiges Bestandsgebäude in der Münchner Maxvorstadt erhielt 2022 eine dezentrale Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Ausgangslage war eine durchschnittliche Raumluftfeuchte von 63 % bei Winterbetrieb und wiederkehrende Schimmelflecken an den Laibungen. Nach Installation von 48 kombinierten Zu- und Abluftgeräten, gesteuert über Präsenz- und Feuchtesensoren, sank der mittlere Wert auf 47 %. Eine Thermografie im darauffolgenden Januar zeigte, dass die Oberflächentemperaturen an kritischen Stellen um bis zu 3 K gestiegen waren. Die Gesamtmaßnahme kostete 165 €/m², während die zuvor erforderliche Schimmelsanierung alle zwei Jahre im Schnitt 52 €/m² verschlang. Der Return-on-Investment wurde bereits nach 2,8 Heizperioden erreicht.
Checkliste für Projektteams
Projektverantwortliche sollten bereits in der Vorentwurfsphase folgende Punkte abgleichen: klimatische Randbedingungen des Standorts, Nutzungsprofile der Flächen, Auswahl eines anpassungsfähigen Lüftungssystems, Integration von Sensorik und Gebäudeautomation, Festlegung eines Wartungs- und Hygienekonzepts, rechtssichere Dokumentation aller Prüf- und Messwerte. Wird diese Checkliste konsequent abgearbeitet, lassen sich Schimmelrisiken im Winterbetrieb weitgehend ausschließen.
Fazit: Eine vorausschauende Lüftungsstrategie, kombiniert mit moderner Sensorik und klar definierten Wartungsabläufen, reduziert nicht nur das Risiko von Schimmelbefall im bayerischen Gewerbebau, sondern sichert auch die Wirtschaftlichkeit über den gesamten Lebenszyklus. Verantwortliche finden in präziser Planung, lückenloser Dokumentation und nachhaltiger Betriebsführung die wirksamsten Hebel, um Schäden zu vermeiden und gleichzeitig Energieeffizienzpotenziale auszuschöpfen.
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