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Photovoltaik im Mehrfamilienhaus in Bayern: Energiekosten senken und Rendite steigern durch innovative Mieterstrommodelle

Photovoltaik im Mehrfamilienhaus in Bayern: Energiekosten senken und Rendite steigern durch innovative Mieterstrommodelle

Photovoltaik im Mehrfamilienhaus: Eigenstrom als strategischer Faktor

Wirtschafts- und Regulatorischer Kontext

Marktkennzahlen und Kostentreiber

Die installierte Photovoltaikleistung in Deutschland ist 2023 laut Bundesnetzagentur um über 12 GWp gewachsen. Rund ein Drittel dieses Zubaus entfällt inzwischen auf Gebäude jenseits des Einfamilienhaussegments. Kommunale Potenzialanalysen beziffern das nutzbare Solaraufkommen in München auf etwa 1,9 TWh pro Jahr, während erst rund 15 % der geeigneten Dachflächen belegt sind. Parallel steigen Netzentgelte und Stromgroßhandelspreise, sodass der Eigenverbrauch in Mehrfamilienhäusern wirtschaftlich immer attraktiver wird.

Studien des Fraunhofer ISE beziffern die Einsparung durch Mieterstrommodelle im urbanen Raum auf bis zu 40 % gegenüber reinem Netzbezug.

Hohe ESG-Anforderungen, steigende Energiepreise und verschärfte Taxonomie-Kriterien rücken daher gebäudeeigene Stromerzeugung in den Mittelpunkt langfristiger Portfoliostrategien.

Gesetzliche Vorgaben und Förderinstrumente

Das EEG 2023 erleichtert Mieterstrom und reduziert Meldepflichten. Das Bayerische Klimaschutzgesetz fordert bei grundlegenden Dachsanierungen Photovoltaikmaßnahmen. Förderseitig stehen zinsvergünstigte KfW-Kredite (Programm 270) sowie Zuschüsse der Landesförderbank Bayern für Speicherlösungen bereit. Steuerlich greift die Umsatzsteuerbefreiung für Anlagen bis 30 kWp sowie die degressive AfA nach § 7c EStG. Eine Kumulation mehrerer Programme ist zulässig, sofern die Anträge vor Auftragsvergabe gestellt werden.

Von der Machbarkeitsstudie bis zur Inbetriebnahme

Planung und Finanzierung

Ein integrierter Vorabcheck kombiniert statische Prüfung, Verschattungsanalyse, Netzanschlussoptionen und Brandschutz. Wirtschaftliche Szenarien berechnen Varianten wie Volleinspeisung, Eigenstrom-Selbstverbrauch oder kombinierten Mieterstrom. Sensitivitätsanalysen decken Preisrisiken bei Modulen, Speichern und Zinsen auf. In Wohnungseigentümergemeinschaften erleichtert § 20 WEG zwar die Beschlussfassung, gleichwohl empfiehlt sich eine qualifizierte Mehrheit, um spätere Anfechtungen zu vermeiden. Finanzierungsstruktur und Förderanträge sollten parallel zum Eigentümerbeschluss erarbeitet werden.

Technische Spezifikation und Baukoordination

Ab etwa 30 kWp beeinflusst die Wechselrichterwahl den Gesamtertrag signifikant. String-Wechselrichter punkten bei geringen Materialkosten, während Optimizer-Systeme bei Teilverschattung höhere Energieausbeuten erlauben. Das Brandschutzkonzept berücksichtigt DIN VDE 0100-712 und die Bayerische Bauordnung. Eine abgestimmte Bauleitung synchronisiert Dachdecker-, Elektro- und Gerüstarbeiten, um Stillstandzeiten zu vermeiden. Intelligentes Lastmanagement verteilt den Eigenstrom bevorzugt an Aufzüge, Wärmepumpen und Ladeinfrastruktur, bevor Überschüsse ins öffentliche Netz fließen. Cloudbasiertes Monitoring liefert dabei kontinuierlich ESG-Kennzahlen für Investoren und Finanzierer.

Praxisbeispiele aus verschiedenen Immobilienklassen

Büro- und Verwaltungsgebäude

Ein viergeschossiger Bürokomplex in München-Sendling setzt eine 150 kWp-Anlage ein und reduziert den Netzstrombezug um 35 %. Die elektrische Last deckt sich zeitlich mit der Solarproduktion; Mieterstromabrechnung und Reporting laufen automatisiert.

Hochwertige Wohnanlagen

In Stadtrandlagen von Grünwald erhöht eine PV-Fassade in Kombination mit einem 100 kWh-Speicher den Eigenversorgungsgrad einer Luxuswohnanlage auf bis zu 70 %, ohne die architektonische Qualität zu beeinträchtigen.

Einzelhandel und Gewerbeparks

Auf dem Flachdach eines Supermarkts in Erding sorgt eine 250 kWp-Installation für Eigenverbrauchsquoten über 80 %. Überschüssige Abwärme der Kälteanlagen wird in das Heizsystem integriert, wodurch sich die CO₂-Emissionen weiter reduzieren.

Betrieb und Wartung: Kostenstellen und Performance-Tracking

Nach der Inbetriebnahme verlagern sich die Hebel der Wirtschaftlichkeit auf einen konsequenten Betrieb. Erfahrungswerte aus bayerischen Referenzanlagen zeigen jährliche Betriebskosten von 1,2 %–1,8 % des Investitionsvolumens. Darin enthalten sind Reinigung, Thermografie-Kontrollen, Wechselrichter-Update, Versicherung sowie Reserven für Ersatzmodule. Ein Full-Service-Vertrag mit garantierter Verfügbarkeitsquote reduziert das Betreiber­risiko, erfordert jedoch klar definierte Schnittstellen zwischen Gebäudemanagement, Wartungsfirma und Netzbetreiber. KPI-gestütztes Monitoring erfasst Soll-/Ist-Abweichungen, Degradation und spezifischen Ertrag je kWp. Werden Grenzwerte automatisiert gemeldet, lassen sich Stillstände meist binnen 24 Stunden beheben und Ertragsverluste minimieren.

Vertragsmodelle und Abrechnung digitalisieren

Die Wahl des Geschäftsmodells entscheidet darüber, ob Eigentümer, Contractoren oder Energie­dienstleister die Rolle des Anlagenbetreibers übernehmen. Bei direkten Mieterstrommodellen erfolgt die Lieferbeziehung über das Gebäude mit separater Markt­lokation; der Strompreis enthält Arbeitspreis, Grundpreis und optional eine anteilige Speicherpauschale. Contracting-Lösungen verlagern Investition und Betriebsrisiko gegen fixe Dienstleistungsentgelte an Dritte – in der Praxis beliebt bei institutionellen Investoren, die Risiken aus der Bilanz fernhalten wollen. Unabhängig vom Modell sollten Messkonzepte auf Basis moderner Kommunikations­module (CLS) eine eichrechtskonforme Viertelstunden­bilanzierung ermöglichen. So lassen sich Netzbezugsanteile, Mieterstrom und Einspeisung transparent aufteilen und direkt in die Nebenkostenabrechnung integrieren.

Mess- und Netzanschlussrichtlinien

Für Anlagen bis 135 kW gelten in Bayern üblicherweise die Vorgaben der VDE-AR-N 4105, jenseits dieser Schwelle die 4110. Netzbetreiber fordern detaillierte Einspeise- und Entkupplungs­konzepte inklusive Blindleistungs­regelung. In Mehrfamilienhäusern mit Ladeinfrastruktur steigt die Komplexität; hier empfiehlt sich ein zentraler Netzanschlusspunkt, an den PV-Anlage, Speicher und Wallboxen via gekoppeltem Energiemanagementsystem angebunden werden. Eine frühzeitige Abstimmung verhindert Verzögerungen bei der endgültigen Netzzusage, die in Ballungsräumen München und Nürnberg mittlerweile bis zu sechs Monate betragen kann.

Finanzielle Kennzahlen und Sensitivitätsanalyse

Die Amortisationsdauer bayerischer PV-Dachanlagen im Mehrfamilienhaus liegt derzeit bei 9–12 Jahren, abhängig von Eigenverbrauchsquote, Investitionskosten und Zinsniveau. Ein gestaffelter Strompreisansatz (fixe Grundkosten + dynamischer Arbeitspreis nach Lastgang) erhöht die Preisakzeptanz der Mieter und glättet Einnahmeschwankungen des Betreibers. Sensitivitätsberechnungen zeigen, dass ein Anstieg der Netzentgelte um 3 % pro Jahr die interne Verzinsung (IRR) um rund 0,8 Prozentpunkte verbessert, während Modulpreis­senkungen nur noch geringen Einfluss haben. Größere Effekte erzielen Speichererweiterungen, sofern sie die Eigenverbrauchs­quote um mehr als 15 Prozentpunkte erhöhen.

Risikomanagement und Versicherungen

Typische Schadenbilder sind Blitzeinschlag, Hagel oder Hot-Spot-Bildung. Eine All-Risk-Police deckt Sach- und Ertragsausfall­schäden ab und kostet je nach Lage, Dachneigung und Brandschutzklasse 0,3 %–0,6 % der Versicherungs­summe pro Jahr. Betreiber sollten zudem Wartungsverträge verifizieren, da manche Versicherer nur dann zahlen, wenn die Wartungsintervalle nachweislich eingehalten wurden. Für Dachanlagen auf Bestandsobjekten empfiehlt sich eine Machbarkeits­prüfung der Statik inklusive Schnee- und Zusatzlastreserve, um spätere Haftungsfragen auszuschließen.

Sektorkopplung und Zukunftstrends

Die Integration von Wärmepumpen, Ladepunkten und perspektivisch bidirektionalem Laden erhöht den Eigenverbrauch und stützt das Geschäftsmodell. In München testen erste Wohnungsbaugesellschaften Vehicle-to-Building-Ansätze, bei denen E-Fahrzeuge als temporärer Speicher fungieren. Parallel wächst das Interesse an dynamischen Stromtarifen, die PV-Überschüsse in Zeiten niedriger Großhandelspreise zusätzlich vermarkten. Das in Bayern geplante Smart-Meter-Rollout ist hierfür Voraussetzung, da nur so viertelstündliche Netzentgelte berücksichtigbar sind. Planer sollten daher bereits heute EMS-Systeme mit offenen Schnittstellen (REST, Modbus, OCPP) vorsehen, um spätere Upgrades ohne Hardwaretausch zu ermöglichen.

Praxischeck: Erfolgsfaktoren in Bayern

Erfolgreiche Projekte zeichnen sich durch vier Kernelemente aus: erstens eine frühzeitige Stakeholder-Einbindung von Eigentümern, Mietern und Netzbetreiber; zweitens modulare Planung mit Reserveflächen für spätere Leistungserweiterungen; drittens digitale Prozesse von der Förderantragstellung bis zur quartalsweisen ESG-Berichterstattung; viertens transparente Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die steigende Netzentgelte und CO₂-Bepreisung berücksichtigen. Bauunternehmen profitieren, wenn sie Gewerkeübergreifend agieren und alle Arbeiten – Dach, Elektro, Gerüst, Brandschutz – zeitlich eng takten. Gerade in der dichten Münchner Innenstadt bestimmt die Expertenkoordination über das Projektbudget.

Checkliste für Projektverantwortliche

• Dachstatik, Blitzschutz und Brandschutz früh prüfen
• Mieterstrom-Konzept mit Messstellenbetreiber abstimmen
• Förderkombination (KfW 270, Landesbank Bayern) vor Beauftragung beantragen
• Service-Vertrag mit klaren KPI und Reaktionszeiten abschließen
• Offenes Energiemanagementsystem wählen, das Ladeinfrastruktur und Speicher integriert

Fazit
Photovoltaik auf Mehrfamilienhäusern in Bayern ist längst mehr als ein ökologisches Zusatzfeature. Wirtschaftliche Einsparungen, regulatorische Vorteile und ESG-Konformität machen Eigenstrom zu einem Pflichtbaustein moderner Gebäudeportfolios. Wer statische Reserve, intelligentes Messkonzept und spätere Sektorkopplung bereits in der Planungsphase berücksichtigt, sichert sich kurze Amortisationszeiten und flexible Einnahmequellen. Entscheidungsträger sollten jetzt Machbarkeit, Fördermix und Betreiberstrategie verbindlich definieren, um den steigenden Strompreisen gelassen zu begegnen.

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