Haftung bei Baumängeln nach der Sanierung: Risiken minimieren und Ansprüche sichern
Eine umfassende Sanierung steigert den Wert und die Nutzungsqualität einer Gewerbeimmobilie. Dennoch bleibt für Eigentümer, Investoren und Facility-Manager ein zentrales Risiko: Baumängel, die erst nach Abschluss der Arbeiten sichtbar werden. Wer haftet? Welche Fristen gelten? Und wie lässt sich das Haftungsrisiko schon in der Planungsphase reduzieren? Dieser Fachbeitrag liefert einen praxisnahen Überblick für Entscheider im Großraum München.
Warum das Thema jetzt wichtig ist
Sanierungen verlagern sich immer stärker in den Bestand. Laut Deutscher Bauindustrie entfielen 2023 über 60 Prozent des Bauvolumens auf Modernisierungen. Parallel verschärfen sich Zeitdruck, Materialknappheit und regulatorische Anforderungen. Diese Gemengelage erhöht die Fehleranfälligkeit. Ein Wasserschaden durch undichte Leitungen oder eine nicht normgerechte Brandschutzdecke kann schnell zu Nutzungsausfällen, Mietminderungen und Haftungsstreitigkeiten führen. Die Gewährleistungsphase wird damit zu einer kritischen Projektphase, in der sich die Qualität der Bauausführung und des Vertragsmanagements zeigt.
Rechtlicher Rahmen: Was Entscheider kennen müssen
BGB und VOB/B im Überblick
In Deutschland regeln zwei Systeme die Haftung für Baumängel. Zum einen das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das automatisch gilt, wenn nichts anderes vereinbart wurde. Zum anderen die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B), die üblicherweise angewendet wird, wenn gewerbliche Auftraggeber mit professionellen Bauunternehmen zusammenarbeiten. Beide Regelwerke definieren Mängel, Fristen und Ansprüche, unterscheiden sich aber im Detail. Ein Beispiel: Die reguläre Verjährungsfrist beträgt nach BGB fünf Jahre ab Abnahme. In der VOB/B sind es grundsätzlich vier Jahre, sofern die Parteien nichts anderes schriftlich fixieren.
Abnahme als Schlüsseldatum
Die Haftung startet nicht mit dem ersten Spatenstich, sondern mit der Abnahme. Vorher trägt der Auftragnehmer nahezu alle Risiken. Mit der Abnahme dreht sich die Beweislast. Jetzt muss der Auftraggeber darlegen, dass ein Mangel vorliegt, der schon bei Abnahme vorhanden war oder dessen Ursache in der Ausführung begründet ist. Eine formelle Abnahme mit Protokoll ist daher unverzichtbar. Mündliche Abnahmen oder die bloße Inbetriebnahme reichen nur selten als Nachweis.
Gewährleistung vs. Garantie
Die Gewährleistung ist gesetzlich geregelt und nicht abdingbar, Garantieversprechen sind freiwillige Zusatzleistungen. Sie können z. B. bei hochwertigen Haustechnik-Komponenten den Schutz verlängern. In der Praxis lohnt es sich, Garantieurkunden vom Hersteller rechtssicher an den Eigentümer zu übertragen, um im Fall eines Schadens direkt Ansprüche geltend machen zu können.
Aktuelle Normen und DIN-Verweise
Ein Mangel liegt vor, wenn die Leistung von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht. Maßgebliche Referenzen sind die anerkannten Regeln der Technik, insbesondere die DIN-Normen. DIN 4109 regelt den Schallschutz, DIN 18534 die Abdichtung innen. Werden diese Standards nicht eingehalten, drohen Folgekosten und Nutzungseinschränkungen. Gerade beim Umbau von Bestandsgebäuden treffen neue Normen auf alte Baustrukturen. Entscheider sollten daher schon in der Ausschreibung verbindlich festlegen, welche Standards gelten.
Ablauf der Mängelbearbeitung
Entdecken und Rügen
Sobald ein Mangel auffällt, muss der Auftraggeber diesen beim Unternehmer anzeigen. Die sogenannte Mängelrüge sollte schriftlich erfolgen, das betroffene Gewerk exakt beschreiben und eine angemessene Frist zur Nachbesserung setzen. Unterlässt man die Rüge, verliert man unter Umständen Ansprüche.
Nacherfüllung oder Selbstvornahme
Der Unternehmer hat das Recht, den Mangel selbst zu beseitigen. Lehnen Eigentümer die Nacherfüllung vorschnell ab oder beauftragen Dritte ohne Fristsetzung, riskieren sie, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Erst wenn der Unternehmer untätig bleibt oder die Nachbesserung fehlschlägt, besteht ein Anspruch auf Selbstvornahme oder Minderung.
Schadensersatz und Verjährung
Kommt es zu Nutzungsunterbrechungen, können zusätzliche Schadensersatzansprüche entstehen. Diese verjähren parallel zur Mängelanspruchsfrist, können in komplexen Fällen aber auch später greifen, etwa wenn ein verdeckter Mangel erst kurz vor Ablauf der Frist sichtbar wird. Ein Eintrag ins Abnahmeprotokoll, der z. B. Risse in einer abgehängten Decke als „unwesentlich“ deklariert, kann die Verjährung trotzdem in Gang setzen. Sorgfalt bei der Protokollierung ist daher essenziell.
Praxisnahe Tipps für anspruchsvolle Projekte
Klare Vertragsgrundlagen
Verwenden Sie präzise Leistungsbeschreibungen und benennen Sie die geltenden Normen. Wollen Sie längere Verjährungsfristen, müssen diese ausdrücklich vereinbart werden. Prüfen Sie in Angeboten auch Klauseln, die die Abnahme auf „stillschweigend“ stellen. Solche Regelungen verschieben die Beweislast zu Ihren Ungunsten.
Qualitätssicherung während der Bauphase
Die beste Haftungsstrategie ist, Mängel gar nicht erst entstehen zu lassen. Unabhängige Baucontrolling-Teams überwachen kritische Gewerke wie Haustechnik, Abdichtung und Brandschutz. Digitale Bautagebücher dokumentieren den Baufortschritt und erleichtern den Nachweis bei Auseinandersetzungen. Für Projekte im sechs- bis siebenstelligen Bereich sind diese Aufwände verglichen mit den Folgekosten eines Mangels marginal.
Stufenweise Abnahmen
Teilabnahmen nach abgeschlossenen Gewerken begrenzen die Risiken. Ein Beispiel: Die Abnahme der Rohinstallation der Elektroanlage vor dem Verschließen der Wände ermöglicht Sichtkontrollen, die später nicht mehr möglich sind. Fehler werden sichtbar und lassen sich zeitnah beheben. Gleichzeitig verlängert sich für diese Gewerke die Gewährleistungsfrist nicht unnötig.
Versicherungslösungen
Bauleistungs- und Projektversicherungen decken unvorhergesehene Sachschäden ab, sind aber kein Ersatz für die gesetzliche Gewährleistung. Eine Versicherung kann jedoch Liquiditätsrisiken senken, wenn die Mängelbeseitigung zeitkritisch ist und nicht auf die Nachbesserung des Unternehmers gewartet werden kann.
Frühzeitige Rechtsberatung
Konflikte lassen sich vielfach außergerichtlich lösen. Bereits eine rechtssichere Mängelrüge mit Fristsetzung signalisiert Professionalität und erhöht die Vergleichsbereitschaft. In schwerwiegenden Fällen kann ein selbständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht München sinnvoll sein. Das Gericht bestellt einen Sachverständigen, der den Mangel dokumentiert, ohne dass sofort Klage erhoben werden muss. So sichern Auftraggeber Beweise, auch wenn der Unternehmer insolvent geht.
Branchenspezifische Nutzenbeispiele
Bürogebäude und Unternehmenszentralen
In modernen Bürowelten dominieren flexible Grundrisse, Glas-Trennwände und anspruchsvolle Haustechnik. Ein kleiner Fehler in der Klimaanlage kann das Raumklima für hunderte Mitarbeiter beeinträchtigen. Abnahmeprotokolle sollten daher Funktionsprüfungen der BMS-Systeme (Building Management System) enthalten. Tipp: Lassen Sie die Soll-Ist-Werte für Temperatur und CO₂-Gehalte in Echtzeit protokollieren. So können Sie später nachweisen, ob der Mangel auf Bedienfehler oder Ausführungsmängel zurückzuführen ist.
Luxuswohnungen und Private Estates
Bei High-End-Sanierungen erwarten Nutzer kompromisslose Qualität. Sichtbare Kratzer in Natursteinböden oder akustische Schwachstellen bei Heimkino-Räumen führen schnell zu Wertminderung. Eine kamerabasierte Endoskopie der Installationsebene kann helfen, versteckte Mängel zu erkennen, bevor das finale Parkett verlegt wird. Für Auftraggeber mit gehobenem Anspruch empfiehlt sich eine verlängerte Mängelverjährung auf Basis spezieller Vertragsklauseln.
Gewerbe- und Einzelhandelsflächen
Hier zählt kurze Umbauzeit. Häufig übergeben Vermieter die Flächen im Zustand „White Box“. Treten später Mängel auf, ist schwer zu klären, ob sie vom Generalunternehmer oder dem Einbau des Mieters stammen. Eine protokollierte Übergabe mit Fotodokumentation ist unverzichtbar. Ergänzende Vereinbarungen, wer für welche Gewerke die Gewährleistung übernimmt, reduzieren spätere Streitpunkte.
Ausblick: Gesetzliche Entwicklungen
Die EU-Richtlinie zur nachhaltigen Gebäudesanierung („Renovation Wave“) könnte künftig strengere Nachweispflichten für Energiekennwerte bringen. Schon jetzt fordert das Gebäudeenergiegesetz (GEG) detaillierte Nachweise für Wärmeschutz und Anlagentechnik. Werden diese nicht eingehalten, drohen Bußgelder und Gewährleistungsrisiken. Eigentümer sollten daher von Anfang an auf ausführliche Baudokumentationen und messbare Leistungswerte bestehen.
Fazit
Baumängel nach einer Sanierung lassen sich nie ganz ausschließen. Mit klaren Verträgen, professioneller Bauüberwachung und einer strukturierten Abnahme sichern Auftraggeber ihre Ansprüche jedoch wirksam ab. Wer frühzeitig in Qualitätssicherung investiert, spart später Rechts- und Folgekosten und schützt den Cashflow seiner Immobilie. BETSA.de begleitet Sie in allen Phasen – von der Planung über die Bauleitung bis zum Gewährleistungsmanagement – und sorgt dafür, dass Ihr Projekt im Großraum München nachhaltig Werte schafft.
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