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Energieeffizienz im Denkmal: So meistern Bauunternehmen in Bayern die neuen Anforderungen an die energetische Sanierung von Kulturerbeobjekten

Energieeffizienz im Denkmal: So meistern Bauunternehmen in Bayern die neuen Anforderungen an die energetische Sanierung von Kulturerbeobjekten

Energetische Denkmal­sanierung in Bayern: Effizienz und Bestandsschutz vereinen

Rahmenbedingungen für historische Bausubstanz

Im Großraum München stehen zahlreiche Gründerzeitfassaden, Barockanlagen und Industriebauten auf der Denkmalliste. Als schützenswerte Kulturgüter unterliegen sie den Vorgaben des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes. Parallel fordert seit 2024 die europäische Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden schärfere Grenzwerte für den Primärenergiebedarf von Nichtwohngebäuden. Kommunale Wärmenutzungspläne und das bayerische Klimaschutzgesetz verstärken den Handlungsdruck. Eigentümer müssen daher sowohl den energetischen Status als auch den denkmal­fachlichen Erhalt nachweisen, um Genehmigungen zu erhalten und Fördermittel auszuschöpfen.

Wirtschaftliche Effekte belegbarer Kennzahlen

Gebäudebestand in Oberbayern

Nach Erhebungen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege besitzen rund 18 % der Bauwerke in Oberbayern denkmalrelevante Merkmale. München verzeichnet für unsanierte Wohn- und Büroobjekte aus der Gründerzeit durchschnittliche Energiekosten von 4,10 €/m² pro Monat. Untersuchungen des Instituts der deutschen Wirtschaft belegen, dass eine abgestimmte denkmal­energetische Sanierung bis zu 40 % Betriebskosteneinsparung ermöglicht.

Fördersystematik

  • KfW-Programm 261: Zinsvergünstigte Kredite und Tilgungszuschuss bis 25 % speziell für Kulturdenkmäler.
  • BEG-Einzelmaßnahmen: Bonus für ökologische Dämmstoffe sowie Effizienztechnik.
  • Landeszuschüsse: Finanzhilfen der Bayerischen Landes­denkmalpflege für Substanzerhalt, beispielsweise beim Fenster restaurieren.

Die Bündelung dieser Instrumente senkt die Kapitalbindung und verbessert die Amortisationszeit, sofern alle Maßnahmen den Auflagen des Gebäudeenergiegesetzes und der Denkmalbehörde entsprechen.

Typische Maßnahmenpakete

Innendämmung Denkmal

Eine außenliegende Wärmedämmung ist bei Ornamentfassaden meist ausgeschlossen. Kapillaraktive Calciumsilikatplatten oder Mineralschaum ermöglichen innenseitigen Wärmeschutz, ohne Tauwasserbildung zu begünstigen. Vakuum­isolationspaneele kommen dort zum Einsatz, wo Platzverhältnisse begrenzt sind, etwa unter Stuckdecken.

Fenster restaurieren

Kastendoppelfenster mit intaktem Holz können durch dünne Wärmeschutzgläser oder ein drittes Scheibensystem auf U-Werte von bis zu 1,4 W/m²K verbessert werden. Die originalen Beschläge bleiben erhalten, womit der kulturhistorische Wert geschützt wird.

Anlagentechnik

Niedertemperatur-Wärmepumpen, kombiniert mit Flächenheizungen und einer regelbaren Lüftung mit Wärmerückgewinnung, verringern den Primärenergiebedarf signifikant. PV-Module auf Innenhof­dächern oder Nebengebäuden erfüllen die Anforderung an Nicht-Sichtbarkeit vom öffentlichen Raum aus.

Projektablauf in der Praxis

Machbarkeitsphase

Ein interdisziplinäres Team analysiert zunächst die Bauphysik mittels Laserscans, Thermografie und Materialproben. Gleichzeitig werden Lebenszyklus­kosten und Förderszenarien modelliert. Diese synchronisierte Betrachtung legt fest, welche Kombination aus Dämmung, Anlagentechnik und Substanzerhalt den optimalen Kapitalwert erzielt.

Ablauf auf der Baustelle

  1. Beseitigung von Salzen und Feuchtequellen.
  2. Statische Sicherung und Reparatur tragender Elemente.
  3. Einbau von Dämm- und Haustechniksystemen.
  4. Detailrestaurierung, inkl. Putz- und Stuckarbeiten.

Eine digitale Bauakte dokumentiert Prüfungsergebnisse, Genehmigungen und Fortschrittsberichte. So lassen sich sowohl behördliche Abnahmen als auch Förderabrechnungen nachweisen.

Fallbeispiele aus München

Unternehmenszentrale im Lehel

Ein Büroensemble von 1908 erreichte nach Innendämmung und Wärmepumpeneinbau eine Verringerung des Endenergiebedarfs um 55 %. Die Natursteinfassade blieb unverändert, wodurch Abstimmungen mit der Denkmalbehörde zügig abgeschlossen werden konnten.

Villa in Grünwald

Durch das Restaurieren originaler Kastendoppelfenster mit Kryptonfüllung erhöhte sich die Innenoberflächen­temperatur von 9 °C auf 16 °C. Die Heizlast sank um rund 30 %, ohne Eingriffe in die Fassadenproportionen.

Traditionskaufhaus in der Altstadt

Eine 4.200 m² große Verkaufsfläche erhielt eine kapillaraktive Innendämmung sowie LED-Beleuchtung mit Tageslichtreglung. Der Stromverbrauch sank um 38 %, bei unveränderter Deckenkonstruktion von 1895. Die Maßnahme amortisierte sich nach weniger als acht Jahren.

Energetische Verbesserungen sind im Denkmalbereich möglich, wenn bauphysikalische Kennwerte, historische Materialien und behördliche Auflagen in einem integrativen Prozess zusammengeführt werden.

Genehmigungsstrategie und Behördenkommunikation

Eine denkmalgerechte Energie­sanierung in Bayern steht und fällt mit einer belastbaren Genehmigungsstrategie. In der Praxis bewährt sich ein Mehrstufenmodell: Zunächst wird bei der Unteren Denkmalschutzbehörde eine Voranfrage eingereicht, die das bauphysikalische Konzept, die Eingriffstiefe sowie fotorealistische Visualisierungen enthält. Parallel dazu werden die energetischen Kennwerte – Jahres-Primärenergiebedarf, Transmissionswärmeverlust und Endenergiebedarf – nach DIN V 18599 ermittelt. Werden die Effizienzwerte klar aufgeschlüsselt, reduzieren sich Nachforderungen der Fachreferate auf ein Minimum. Im nächsten Schritt folgt der abgestimmte Bauantrag für die Gesamtmaßnahme. Viele Kommunen akzeptieren mittlerweile eine digitale Antragsmappe, was die Bearbeitungszeit um mehrere Wochen verkürzt. Entscheidend ist, dass sämtliche Berechnungen dem Prüfbüro in datenoffenen Formaten (z. B. IFC oder GAEB) zur Verfügung gestellt werden, um Medienbrüche zu vermeiden.

Feuchtemanagement und hygrothermische Simulation

Gerade bei massiven Ziegelwänden mit Kalkputz ist das Risiko von Tauwasser und Schimmelbildung hoch, wenn innenseitig gedämmt wird. Vor Ausführung erfolgt deshalb eine hygrothermische Simulation nach WUFI Pro. Dabei werden Klimadaten des Deutschen Wetterdienstes für die Region München, Materialkennwerte und Baustellenbedingungen hinterlegt. Die Software liefert Prognosen für Feuchtegehalt, Temperaturverlauf und Schimmelindex über einen Zeitraum von zehn Jahren. Liegen die Grenzwerte unterhalb der kritischen Schwellen, kann die Innendämmung freigegeben werden. Andernfalls werden kapillaraktive Putzsysteme oder eine feuchtevariable Dampfbremse ergänzt. Auf der Baustelle sichern elektronische Datenlogger die Langzeitkontrolle; Messreihen aus erster Heizperiode dienen als Nachweis gegenüber Fördergebern.

Materialwahl zwischen Tradition und Innovation

Die Auswahl der Baustoffe muss sowohl den klimatischen Anforderungen als auch dem Erhaltungsziel entsprechen. In Oberbayern haben sich Kalkputze mit hydraulischen Bindemitteln etabliert, weil sie hohe Alkalität bieten und Salztransport ermöglichen. Für die Dämmung von Gewölbekellern kommen hydrophile Aerogelputze zum Einsatz, die eine Wärmeleitfähigkeit von 0,028 W/(m·K) erreichen und nur 30 mm Schichtdicke benötigen. Bei der Fenstersanierung werden Schlitz- und Zapfenverbindungen in heimischer Lärche nachgebildet, um Formstabilität zu gewährleisten. Glasfaserverstärkte Profile gelten als thermisch günstige Alternative zu Stahlprofilen in Sprossenfenstern; sie bleiben aber optisch im Hintergrund und erfüllen das Anforderungsprofil der Denkmalschutzbehörde.

Digitalisierung als Beschleuniger

Building Information Modeling (BIM) schafft Transparenz über alle Gewerke hinweg. Historische Bauteile werden als „Heritage BIM“-Objekte modelliert, deren Parameter Restaurierungsgrad, Feuchtegehalt und Resttragfähigkeit enthalten. Collision-Checks zwischen Haustechnikleitungen, Stuck­elementen und Tragwerk minimieren Nacharbeiten. Zudem lassen sich Fördertatbestände direkt im Modell markieren, sodass alle abrechnungsrelevanten Komponenten nachvollziehbar bleiben. Während des Ausführungsprozesses werden 360°-Fotopanoramen im Modell verknüpft, was dem Bauherrn eine begehbare Dokumentation bietet und spätere Gewährleistungsansprüche eindeutig zuordnet.

Risikomanagement und Haftungsfragen

Jede energetische Denkmal­sanierung birgt technische und rechtliche Risiken. Zu den häufigsten zählen unerkannte Holzschäden, versteckte Feuchtequellen hinter Wandverkleidungen sowie statische Schwachstellen. Ein strukturiertes Risikoregister teilt sie in Schadenklassen und Eintrittswahrscheinlichkeiten ein. Für kritische Bauteile wird eine Bauwesen­versicherung mit verlängertem Produkthaftungszeitraum abgeschlossen. Vertraglich sollte eine funktionale Leistungsbeschreibung gewählt werden: Das ausführende Unternehmen schuldet dann den energetischen Zielwert in kWh/(m²·a) und nicht lediglich das Anbringen einer Dämmung. Diese Regelung erleichtert spätere Regressforderungen, falls Effizienzwerte verfehlt werden.

Kostensteuerung und Contracting-Modelle

Die Investitionskosten einer Denkmal­sanierung liegen typischerweise 20 bis 35 % über denen eines vergleichbaren Nicht-Denkmals. Dennoch erreichen Projekte wirtschaftliche Tragfähigkeit, wenn die Finanzierung intelligent aufgebaut ist. Energieliefer-Contracting kann insbesondere bei großen Nutzflächen sinnvoll sein: Ein Contractor übernimmt Planung, Investition und Betrieb der Anlagentechnik, während der Eigentümer nur eine monatliche Servicegebühr zahlt. Die Bilanzsummen werden entlastet, und die Effizienzrisiken liegen beim Dienstleister. Für kleinere Objekte bietet sich ein Intracting-Modell an, bei dem die Einsparung innerhalb des Unternehmens reinvestiert wird. Wesentliche Voraussetzung bleibt eine belastbare Mess- und Verifikationsvereinbarung nach IPMVP-Standard.

Nachhaltigkeitszertifizierung als Mehrwert

Zertifizierungssysteme wie BNK-Denkmal oder DGNB-Gebäude im Betrieb lassen sich trotz Denkmalschutz umsetzen. Bewertet werden neben Energiekennwerten auch Nutzerkomfort, akustische Qualität und Rückbaufähigkeit. Die Ausstellung eines entsprechenden Zertifikats steigert die Marktattraktivität, insbesondere bei institutionellen Investoren, und fördert Green-Lease-Verträge. Zertifizierungs-Anforderungen decken sich häufig mit zinsverbilligten Darlehen der Landesbank Bayern LB, wodurch weitere Finanzierungsvorteile aktiviert werden.

Betrieb und Wartung nach Fertigstellung

Nach Inbetriebnahme entscheidet der Regelbetrieb über den dauerhaften Erfolg. Intelligente Gebäudeleittechnik mit adaptiven Heizkurven passt die Vorlauftemperatur an Nutzungsprofile an und vermeidet thermische Überbeanspruchung der historischen Konstruktion. Ein Wartungsplan legt Intervalle für Filterwechsel, Kalibrierung der Sensorik und Sichtkontrollen an Sockelzonen fest. Schulungen für Hausmeister und Facility-Manager sind obligatorisch, um Einstellungen nicht versehentlich zu verändern und Gewährleistungsrechte zu verwirken. Ein jährlicher Nachhaltigkeitsreport fasst Energieverbräuche, CO₂-Bilanz und eventuelle Bauschäden zusammen und schafft Transparenz gegenüber Mietern, Behörden und Geldgebern.

Synergien mit Quartierskonzepten

Zahlreiche oberbayerische Kommunen entwickeln derzeit Wärmequartiere mit zentralen Netzen. Historische Objekte mit begrenzten Aufstellflächen für Technik können davon profitieren. Ein Anschluss ans Quartiersnetz ersetzt Einzelkessel, senkt Platzbedarf und eliminiert Abgase im Dachbereich. Wichtig ist, die Systemtemperaturen des Netzes zu prüfen: Liegt der Rücklauf über 55 °C, drohen Schäden an sensiblen Bestandsputzen. Mit Mischersätzen oder Pufferspeichern lassen sich Temperaturspitzen abfangen und das verbaute Rohrleitungsnetz schützen.

Zukunftsperspektiven und Fördertrends

Der bayerische Staat plant, die Landesrichtlinie Energiekredit Denkmal um einen CO₂-Bonus zu erweitern. Voraussichtlich ab 2025 werden Zuschläge von bis zu 15 €/m² Bruttogrundfläche gewährt, wenn der Treibhausgas­ausstoß gegenüber dem Ausgangszustand halbiert wird. Zudem diskutiert das Bundesfinanzministerium Steueranreize für die Kombination aus Photovoltaik und denkmal­geschütztem Bestand. Unternehmen, die jetzt Machbarkeitsstudien anstoßen, positionieren sich früh für kommende Förderfenster.

Fazit
Energetische Denkmal­sanierung vereint Investitionssicherheit, Betriebskostensenkung und kulturellen Mehrwert, wenn Genehmigungsstrategie, Materialwahl, Feuchtemanagement und Digitalisierung ineinandergreifen. Firmenkunden profitieren, wenn sie Risiken über funktionale Ausschreibungen minimieren, Förderprogramme intelligent verknüpfen und den späteren Betrieb bereits in der Planungsphase abbilden. Wer jetzt auf eine integrative Projektmethodik setzt, sichert sich Wettbewerbsvorteile und nachhaltige Renditen.

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