Energieausweis im Winter prüfen: Relevanz, Pflichten und Chancen für Bestandsimmobilien in Bayern
Die kalte Jahreszeit legt die energetischen Schwachstellen eines Gebäudes schonungslos offen. Genau deshalb bietet der Winter die beste Gelegenheit, den vorhandenen Energieausweis auf Aktualität und Vollständigkeit zu prüfen. Für Eigentümer, Investoren und Facility-Manager im Großraum München ist dies nicht nur eine Frage der Rechtssicherheit, sondern ein strategischer Baustein für Wertsteigerung, ESG-Konformität und nachhaltige Mietstabilität. Der folgende Fachbeitrag zeigt, warum die Winterprüfung entscheidend ist, welche gesetzlichen Vorgaben bis 2025 in Bayern greifen und wie Sie daraus konkrete Sanierungs- und Modernisierungsprojekte ableiten.
Warum das Thema jetzt wichtig ist
Steigende Energiepreise, verschärfte Klimaziele und ein wettbewerbsintensiver Immobilienmarkt erhöhen den Druck, die Haus-Energieeffizienz transparent darzustellen. Zugleich verlangen Investor*innen und Kreditinstitute belastbare Kennwerte, um Risiken in der Finanzierung abzubilden. Der gültige Energieausweis ist dabei das zentrale Dokument. Er wird im Winter besonders aussagekräftig, weil Heizverbräuche unter realen Höchstlastbedingungen erfasst werden. Wer jetzt Lücken entdeckt, kann Maßnahmen noch vor der nächsten Vermarktungs- oder Finanzierungsrunde anstoßen und so Wettbewerbsvorteile sichern.
Rechtliche Grundlagen und Fristen
Gebäudeenergiegesetz (GEG) und EU-Richtlinien
Seit November 2020 bündelt das GEG die bisherigen Regelwerke EnEV, EnEG und EEWärmeG. Für Nichtwohngebäude ab 250 m² besteht eine Pflicht, den Ausweis bei Verkauf, Vermietung oder Verpachtung unaufgefordert vorzulegen. Bei gewerblichen Inseraten ist die Angabe wesentlicher Kennzahlen vorgeschrieben. Die EU-Richtlinie EPBD sieht zudem eine stufenweise Anhebung der Mindeststandards vor. Ab 2030 müssen nahezu alle Bestandsgebäude in die Effizienzklasse D oder besser überführt werden, sofern keine Ausnahmen greifen. Wer sein Portfolio frühzeitig ausrichtet, umgeht hohe Nachrüstkosten unter Zeitdruck.
Spezifische Vorgaben in Bayern bis 2025
Der bayerische Klimaplan 2025 verschärft das Monitoring für öffentliche und gewerbliche Liegenschaften. Kommunale Satzungen können – etwa im Münchner Stadtgebiet – bereits niedrigere Spitzenwerte für Endenergie pro Quadratmeter vorschreiben. Spätestens bei einer umfassenden Nutzungsänderung oder größer 10 % Fassadenöffnung wird der aktualisierte Energieausweis obligatorisch. Verstöße ziehen Bußgelder bis 50.000 € nach sich und können die Versicherbarkeit gefährden. Im Rahmen von ESG-Berichterstattungen sind falsche Angaben zudem haftungsrelevant.
Worauf Sie bei der Winterprüfung achten sollten
Heizperioden bieten belastbare Kennwerte
Während der Heizperiode liegen Verbrauchsdaten im oberen Bereich, wodurch Effizienzverluste klarer zutage treten. Ein verbrauchsbasierter Energieausweis profitiert hiervon; dennoch müssen witterungsbereinigte Vergleichswerte genutzt werden, um Extremwetter-Effekte auszuschließen. Bei bedarfsbasierten Ausweisen ist die Winterbegehung ideal, um Wärmebrücken via Thermografie sichtbar zu machen. Entscheider erkennen so sofort den Zusammenhang zwischen Kennzahl, Energieverlust und möglicher Sanierungsmaßnahme.
Typische Fallstricke bei Bestandsdaten
Besonders in gemischt genutzten Objekten werden Messwerte häufig nicht eindeutig Zonen zugeordnet. Weiterhin fehlen oft Nachweise über modernisierte Haustechnik, weil diese im laufenden Betrieb dokumentiert wurde. Die Folge: Der Kennwert im Ausweis bleibt schlechter als die Realität oder – schlimmer noch – schönt sie ungewollt. Ein Abgleich aller Wartungs- und Stromverbräuche, ein Check der Zählerführung sowie die Prüfung der Luftdichtheit nach DIN 4108-7 sind daher essenziell.
Strategische Mehrwerte für Eigentümer und Betreiber
ESG und Taxonomie-Fähigkeit
Institutionelle Anleger bewerten Immobilien zunehmend nach EU-Taxonomie-Kriterien. Ein plausibler Energieausweis reduziert das Risiko eines „Stranded Asset“. Die Winterprüfung liefert eine verlässliche Datengrundlage für Scope-1- und Scope-2-Emissionen und ermöglicht zielgerichtete „Green CapEx“-Planungen. Damit verbessern sich Rating, Fremdkapitalkonditionen und Exit-Optionen.
Wertsteigerung durch energetische Sanierung
Empirische Studien des IW Köln zeigen, dass energetisch modernisierte Gewerbeobjekte in Top-Lagen bis zu 19 % höhere Nettomieten erzielen. In Premium-Wohnsegmenten um München liegt der Wertaufschlag sogar bei 22 %. Die Voraussetzung: Der Energieausweis muss die Fortschritte transparent darstellen. Wer schon in der Planungsphase die Winterdaten nutzt, kann die Zielklasse (meist B oder besser) mit geringerem Aufwand erreichen, weil Maßnahmen präziser kalkuliert werden.
Praxisorientierter Ablauf einer ganzheitlichen Prüfung
Datenerfassung und Vor-Ort-Begehung
Zunächst werden Verbrauchsdaten der letzten drei Winterheizperioden sowie alle Energiequellen (Gas, Fernwärme, Strom, PV-Eigenstrom) abgefragt. Parallel erfolgt eine Begehung mit Thermokamera, Blower-Door-Test und optionaler Endoskopie schwer zugänglicher Bauteile. Dieser Schritt dauert bei einem 8.000 m² Bürokomplex meist nur einen Tag und kann parallel zum laufenden Betrieb stattfinden.
Analyse, Simulation und Wirtschaftlichkeitsberechnung
Die gesammelten Daten fließen in eine dynamische Gebäudesimulation nach DIN V 18599. Dabei werden Sanierungsszenarien wie Fassade, Dämmung, Fenster, Haustechnik oder Anlagentechnik (Wärmepumpe, BHKW) kombiniert. Für jedes Szenario ergeben sich Kennzahlen zu CO₂-Reduktion, Endenergie, Betriebskosten und Amortisationszeit. Ein Life-Cycle-Costing über 20 Jahre zeigt, ob CapEx-Schwellenwert und Payback-Kriterien des Investors erfüllt werden.
Entscheidungsvorlage für Stakeholder
Am Ende steht eine Management-Summary: einsträngige KPIs, Umsetzungsrisiken, Förderquoten und ein Zeitplan. Gerade im B2B-Kontext überzeugt die visuelle Darstellung des „Energy Performance Gap“ zwischen IST und SOLL. Führungskräfte erhalten so eine belastbare Basis, um Finanzierung, Fördermittel und Vergabeprozesse anzustoßen.
Best-Practice-Beispiele aus dem Großraum München
Bürocampus in der City
Ein Mischobjekt aus den 1990er-Jahren (13.500 m² BGF) wies laut altem Verbrauchsausweis die Klasse F auf. Durch eine Winter-Thermografie wurden Leckagen in der Dachaufstockung entdeckt. Nach gezielter Hohlraumdämmung, LED-Retrofit und hydraulischem Abgleich sank der Endenergiebedarf um 38 %. Der erneuerte bedarfsbasierte Energieausweis weist heute Klasse C aus. Die Mieteinnahmen stiegen nachweislich durch ESG-orientierte Großmieter, die Nachhaltigkeits-Reportings erfüllen müssen.
Premium-Wohnquartier am Starnberger See
Bei einer hochpreisigen Eigentumswohnanlage aus den 2000er-Jahren ergaben Winter-Messungen zu hohe Lüftungswärmeverluste, obwohl Dreifachglas verbaut war. Eine intelligente Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung und PV-gekoppelte Wärmepumpen brachten den Ausweis von D auf A-. Der Verkauf der letzten Einheiten gelang zu einem Aufpreis von durchschnittlich 1.200 €/m², was die Mehrinvestition binnen drei Jahren amortisierte.
Fazit
Die Winterprüfung des Energieausweises ist mehr als eine Pflichtaufgabe. Sie liefert präzise Kennzahlen, minimiert regulatorische Risiken und eröffnet Potenziale für Wertsteigerung sowie ESG-Konformität. Gerade im Großraum München, wo Renditen eng kalkuliert sind, entscheidet eine belastbare Effizienzklasse über Finanzierungskosten, Vermarktungserfolg und langfristige Marktpositionierung. Ein systematischer Ansatz von Datenerhebung bis Entscheidungsvorlage schafft Transparenz und Planbarkeit – und legt den Grundstein für nachhaltige Sanierungs- und Modernisierungsprojekte.
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