Regenwassernutzung und Versickerung bei Starkregen im Großraum München: Wassermanagement für Gewerbe- und Premiumimmobilien
Klimatische Ausgangslage und ökonomischer Druck
Der Stadt‐ und Landkreis München verzeichnen seit Jahren eine doppelte Entwicklung: Zum einen nehmen Trockenperioden zu, zum anderen häufen sich Starkregenereignisse mit Intensitäten, die das bestehende Kanalnetz kurzfristig überfordern. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes hat sich die Zahl der Starkregentage in Bayern seit 2001 nahezu verdoppelt, während die durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge von etwa 960 mm kaum sinkt, sich jedoch auf kürzere Zeiträume konzentriert. Für Betreiber von Gewerbeimmobilien, Campusarealen und hochwertigen Wohnobjekten entsteht daraus ein beträchtliches Kosten- und Haftungsrisiko. Höhere Trink- und Abwassergebühren, potenzieller Rückstau in Tiefgaragen sowie Sachschäden an technischen Anlagen erhöhen den Handlungsbedarf, Regenwassernutzung und Versickerung in die laufende Bewirtschaftung zu integrieren.
Gesetzliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Kosten- und Schadenstatistiken
Die Kombination aus steigenden Gebühren und wachsenden Schäden verleiht wassersensibler Planung eine betriebswirtschaftliche Relevanz. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft meldete für 2022 Starkregenschäden an Gebäuden in Bayern in Höhe von 280 Mio. €, Tendenz steigend. Parallel betragen in München die Durchschnittskosten für Trinkwasser 2,26 €/m³ und für Schmutzwasser 2,32 €/m³. Eine Untersuchung des Umweltbundesamtes (2023) kalkuliert, dass Nichtwohngebäude durch den Einsatz von Regenwasser für Sanitärspülungen, Reinigungsprozesse und Kühlkreisläufe bis zu 45 % Frischwasser einsparen können. Bei einem Bürokomplex mit 8 000 m² Nettonutzfläche summiert sich das Einsparpotenzial auf rund 18 000 € pro Jahr.
Förderkulissen und Normen
Art. 5 Abs. 2 der Bayerischen Bauordnung fordert die Versickerung von Niederschlagswasser auf dem Grundstück, sofern dies technisch möglich ist. Kommunale Entwässerungsbetriebe honorieren dezentrale Rückhaltung mit Gebührenermäßigungen bis zu 50 %. Ergänzend unterstützt die Kreditanstalt für Wiederaufbau mit dem Programm 278 „Kommunale und soziale Infrastruktur – Abwasser“ auch privatwirtschaftliche Vorhaben, wenn ein öffentliches Interesse, beispielsweise in gemischt genutzten Quartieren, vorliegt. Auf europäischer Ebene betonen Taxonomie-Kriterien und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) die Notwendigkeit, Klimarisiken – darunter Wassermanagement – im Immobiliensektor transparent abzubilden.
Vorgehensweise in Planung und Baupraxis
Bedarfsermittlung und Dimensionierung
Planungsbüros beginnen mit einer quantitativen Analyse von Dach- und Hofflächen, lokalen Regendaten sowie dem Verbrauchsprofil des Gebäudes. In Münchner Projekten lassen sich erfahrungsgemäß Autarkiegrade von 60 – 70 % für Sanitärwasser realisieren. Eine Lebenszykluskostenberechnung ist vielfach Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Fördermitteln und dient zugleich als Entscheidungshilfe in der Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Umsetzung auf Moränen- und Schotterböden
Die geologischen Bedingungen im Isar‐ und Würmraum erfordern angepasste Versickerungssysteme. Rigolen oder Sickerboxen aus Recyclingmaterial, ausgeführt nach DIN 1986-100, werden häufig in Schotterlagen eingebettet. Filtervliese verhindern den Eintrag feiner Sedimente, um die Infiltration dauerhaft zu sichern. Im Non-Residential-Bereich kommen unterirdische Speicher aus Stahlbeton oder PE mit Volumina zwischen 20 m³ und 150 m³ zum Einsatz; im Premiumwohnbau sind kleinere Betonspeicher oder robuste GFK-Behälter üblich.
Intelligente Steuer- und Regeltechnik
Moderne Anlagen koppeln Füllstandsensoren mit Wetterprognosen. Bei angekündigtem Starkregen wird das Speichervolumen präventiv geleert, um Rückhaltekapazitäten für das Niederschlagsereignis bereitzustellen. Über BACnet- oder KNX-Gateways lassen sich die Daten in das vorhandene Gebäudeleitsystem einbinden, sodass Facility-Manager Wasserströme, Temperatur und Leitfähigkeit zentral überwachen können.
Praxisbeispiele nach Gebäudetyp
Büro- und Forschungsstandorte
Ein Technologiecampus im Münchner Norden integrierte 2022 ein adiabates Kühlkonzept, das Regenwasser als Prozessmedium nutzt. Der Austausch von Kompressionskühlern reduzierte den Stromverbrauch um 1,8 Mio. kWh jährlich; die Investition amortisierte sich innerhalb von sechs Jahren. Gleichzeitig verbesserte sich der für Investoren relevante GRESB-Score deutlich.
Premiumwohnen und Villenensembles
In Hanglagen des Würmtals erfordern hochwertige Garten- und Poolanlagen eine stabile Bewässerung auch in Trockenphasen. Ein 80 m³ fassender Betonspeicher deckt den Sommerbedarf nahezu vollständig. Die Gebäudeautomation priorisiert Grünflächenbewässerung vor Poolnachspeisung, wodurch das Risiko von Austrocknungsschäden reduziert wird. Die flankierende Versickerung stabilisiert zudem die Böschungen, was in erosionsgefährdeten Lagen einen zusätzlichen Sicherheitsfaktor darstellt.
Retail- und Logistikflächen
Flachdächer großer Einzelhandelsareale bieten Potenzial für kombinierte PV- und Retentionslösungen. Eine Untersuchung an einem Münchner Fachmarktzentrum zeigte, dass 4 800 m² Dachfläche jährlich rund 3 500 m³ Regenwasser liefern können. Die Menge deckt nahezu den kompletten Reinigungs- und Bewässerungsbedarf des Standorts; zugleich senkt die gedrosselte Einleitung in das Kanalnetz die Niederschlagswassergebühr um etwa 40 %.
Synergiepotenziale mit Gründächern und Photovoltaik
Gründächer dienen in der Region München längst nicht mehr nur als ökologische Ausgleichsmaßnahme. Sie verzögern den Abfluss, verbessern die Wasserqualität durch Filtration und senken gleichzeitig die Oberflächentemperatur der Dachmembran. In Kombination mit Photovoltaik entstehen sogenannte „Blue-Green-Solar“-Aufbauten, bei denen eine Retentionsschicht das Regenwasser speichert und verdunstet. Untersuchungen der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf belegen, dass dadurch die Modultemperatur im Sommer um bis zu 8 °C sinkt und der PV-Ertrag um rund fünf Prozent steigt. Für gewerbliche Investoren bedeutet das: bessere Amortisation der Solaranlage und geringere Dimensionierung des nachgeschalteten Speichers, weil ein Teil des Niederschlags schon auf dem Dach zurückgehalten wird.
Wartung, Monitoring und Betriebskosten
Der wirtschaftliche Erfolg einer Regenwassernutzungsanlage hängt stark von der Instandhaltung ab. Filtersiebe sollten je nach Belastung alle drei bis sechs Monate gereinigt werden; unterirdische Speicher benötigen eine Sichtprüfung des Sedimentationsgrads im Zweijahresrhythmus. In München übliche Wartungsverträge liegen bei 0,8 – 1,2 % der Investitionssumme pro Jahr. Digitale Messketten erleichtern das Monitoring: Füllstand, pH-Wert und Leitfähigkeit werden via LoRaWAN oder LTE übertragen und in der CAFM-Software archiviert. Predictive-Maintenance-Algorithmen erkennen frühzeitig Abweichungen, sodass Betreiber nicht erst auf Alarme aus der Gebäudeleittechnik reagieren müssen.
Risikomanagement und Haftungsfragen
Werden Starkregenrückhaltebecken oder Rigolen fehlerhaft dimensioniert, kann das Wasser benachbarte Grundstücke schädigen. Nach § 1004 BGB haftet der Verursacher für Unterlassung und Schadenersatz. Vor Baubeginn empfiehlt sich deshalb ein hydrogeologisches Gutachten inklusive Infiltrationstest nach DWA-A 138. Bei Neubauten im Geltungsbereich der Münchner Entwässerungssatzung ist außerdem ein Dichtigkeitsnachweis für unterirdische Behälter vorzulegen. Versicherer honorieren nachgewiesene Risikominderung: Gebäudepolicen enthalten bei dokumentierter Versickerung und Rückhaltung oft reduzierte Selbstbehalte für Starkregenereignisse, was die Gesamtkosten des Wassermanagements weiter senkt.
Finanzierungsmodelle und steuerliche Effekte
Neben klassischen Bankdarlehen gewinnen Contracting-Modelle an Bedeutung. Ein spezialisierter Dienstleister plant, baut und betreibt die Anlage, während der Gebäudeeigentümer eine monatliche Grundgebühr zahlt, die durch Einsparungen bei Wasser- und Abwassergebühren gegenfinanziert wird. Gewerbliche Nutzer setzen die Zahlungen in voller Höhe als Betriebsausgabe ab. Wird die Regenwassernutzung als Teil einer energetischen oder klimabezogenen Sanierung umgesetzt, lässt sich die Investition gemäß § 35c EStG zusätzlich steuerlich geltend machen. Für kommunale Träger und gemischt genutzte Quartiere bleibt die Förderung über den genannten KfW-Kredit 278 eine tragfähige Option; Tilgungszuschüsse bis zehn Prozent sind möglich, wenn das Vorhaben nachweislich Überflutungsschäden im öffentlichen Raum verringert.
Planungsschritte für Bauherren und Betreiber
1. Grundstücksanalyse: Ermittlung des nutzbaren Dach- und Verkehrsflächenanteils sowie bodenphysikalischer Kennwerte.
2. Nutzungskonzept: Festlegung der internen Verbraucher – Sanitär, Kühlung, Bewässerung – und Definition von Qualitätsanforderungen an das Wasser.
3. Hydraulische Berechnung: Dimensionierung von Speichern und Versickerung nach regionalen Starkregenstatistiken (KOSTRA-DWD-2010R).
4. Genehmigungsmanagement: Abstimmung mit Unterer Wasserbehörde, Stadtentwässerung München und gegebenenfalls dem Denkmalschutz.
5. Ausschreibung und Vergabe: Klare Leistungsbeschreibung gemäß VOB/C ATV DIN 18318 für Entwässerungskanalarbeiten und DIN 18300 für Erdarbeiten.
6. Bauüberwachung: Kontrolle der Einbautiefen, Filtervliese und Verdichtungsgrade; Dokumentation in einem digitalen Bautagebuch.
7. Inbetriebnahme und Schulung: Erstellung eines Betriebshandbuchs, Einmessung der Sensorik, Unterweisung des Facility-Managements.
8. Monitoring und Audit: Regelmäßige Datenanalyse zur Überprüfung von Einsparzielen und zur Vorbereitung von Nachhaltigkeitszertifizierungen wie DGNB oder BREEAM.
Zukunftsperspektiven und technische Trends
Die bayerischen Wasserwirtschaftsämter prüfen derzeit Modellprojekte, bei denen mehrere Grundstücke über ein mikro-kommunales Netz gekoppelt werden. Überschüsse aus einer Lagerhalle können in Trockenphasen Wohnquartiere versorgen; die Abrechnung erfolgt mittels Blockchain-basierter Smart-Metering-Systeme. Parallel gewinnt Regenwasserrecycling im Gebäudekreislauf an Bedeutung: Membranfiltration kombiniert mit UV-Desinfektion ermöglicht die Nutzung als Prozesswasser mit höheren Qualitätsansprüchen, beispielsweise in Laborgebäuden. Langfristig dürften solche Lösungen den Übergang von punktueller Regenwassernutzung zu ganzheitlichen Wassermanagement-Strategien beschleunigen.
Typische Fehler und Qualitätssicherung
Häufig unterschätzt wird der Einfluss von Feinanteilen in Moränenböden, die die Versickerungsrate schleichend reduzieren. Abhilfe schafft eine dreistufige Filtration aus Laubfang, Sedimentationsschacht und Feinfilter. Ein weiterer Stolperstein ist das Fehlen einer Notentlastung: Überlaufleitungen mit Rückstauklappe sind Pflicht, um bei unvorhergesehenen Extremereignissen die Gebäudesicherheit zu gewährleisten. Qualitätssicherung beginnt allerdings schon bei der Vergabe – eine Referenzprüfung der Fachfirma und die Forderung nach DWA-Zertifizierung beugen Baufehlern vor.
Mehrwert für Zertifizierungen und ESG-Reporting
Der Einsatz von Regenwassermanagement erfüllt mehrere EU-Taxonomie-Kriterien, unter anderem die Anpassung an den Klimawandel und die nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen. In DGNB-Projekten lassen sich bis zu zehn Bewertungspunkte im Kriterium „ENV1.3 Trinkwasserbedarf“ erzielen, wenn mindestens 50 % des Bedarfs durch alternative Quellen gedeckt werden. Für institutionelle Anleger erhöht dies die Transparenz im ESG-Reporting und verbessert den Zugang zu Green-Finance-Produkten. Unternehmen profitieren zusätzlich von einem positiven Image bei Mitarbeitern und Kunden, die nachhaltige Standortkonzepte zunehmend honorieren.
Regionale Besonderheiten im Großraum München
Die Stadtentwässerung München erhebt eine abflussbezogene Niederschlagswassergebühr von derzeit 1,20 €/m² befestigte Fläche. Wer die gesamte Dachfläche nachweislich an Retentions- oder Versickerungssysteme anschließt, erhält einen Erlass von bis zu 75 %. Im Landkreis gilt eine ähnliche Staffelung, jedoch mit Schwankungen je nach Kommune. In Wasserschutzgebieten der Zone III im südlichen Umland sind zusätzliche Auflagen einzuhalten: Dachabdichtungen müssen wurzelfest und bitumenfrei sein, um Einträge von Kohlenwasserstoffen zu verhindern. Bei Verkehrslasten oberhalb SLW 30 fordert die Bayerische Wasserwirtschaftsverwaltung zudem eine statische Nachweispflicht für unterirdische Speicher.
Leistungskennzahlen für den laufenden Betrieb
Für die Bewertung der Effizienz haben sich folgende KPIs etabliert:
• Autarkiegrad Sanitärwasser (Zielwert Gewerbe ≥ 60 %)
• Speichernutzungshäufigkeit pro Jahr (Zielwert > 80 %)
• Versickerungsrate pro Quadratmeter (Soll > 200 l/a)
• Wartungskosten pro Kubikmeter gewonnenes Wasser (Soll < 0,25 €)
Eine quartalsweise Analyse dieser Kennzahlen zeigt, ob Optimierungspotenzial besteht oder Anpassungen an geänderte Nutzungsprofile erforderlich sind.
Fazit
Regenwassernutzung und kontrollierte Versickerung reduzieren in München nicht nur Gebühren und Schadensrisiken, sondern steigern auch die Wertstabilität von Gewerbe- und Premiumimmobilien. Entscheidend für den Erfolg sind eine sorgfältige Dimensionierung, rechtssichere Genehmigungsprozesse und ein datenbasiertes Betriebsmanagement. Wer frühzeitig Synergien mit Gründächern, Photovoltaik und digitalem Monitoring einplant, sichert sich Fördergelder, verbessert ESG-Ratings und minimiert Haftungsrisiken. Bauherren und Betreiber tun gut daran, das Thema als integralen Bestandteil der Standortstrategie zu behandeln und Fachpartner mit nachweislicher Erfahrung im bayerischen Wassermanagement einzubinden.
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