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Altbau energetisch sanieren im Winter: Tipps für Bauunternehmen in Bayern zur Überwindung von Herausforderungen und rechtlichen Vorgaben


Altbau energetisch sanieren im Winter: Prozesssichere Projekte im Großraum München

Rahmenbedingungen für winterliche Sanierungen

Der Gebäudebestand in Bayern stammt überwiegend aus Baujahren vor der ersten Wärmeschutzverordnung von 1978. In München erreichen zahlreiche Objekte Energiekennwerte, die deutlich über heutigen Grenzwerten liegen. Parallel steigt der Marktdruck: Steigende Energiepreise, ESG-Reporting und EU-Taxonomie fordern messbare Fortschritte bei der CO2-Bilanz. Die Folge ist eine wachsende Zahl von Sanierungsfenstern, die gezielt in die Wintermonate gelegt werden.

Marktkennzahlen

  • Gebäude verursachen bundesweit rund ein Drittel des Endenergieverbrauchs; für Bayern liegt der Anteil unsanierter Flächen noch höher.
  • Studien bayerischer Wirtschaftsinstitute beziffern das Einsparpotenzial bei ganzheitlicher Modernisierung von Hülle und Technik auf bis zu 25 % der Betriebskosten.
  • Leerstandszeiten sinken im Winter, da Büro- und Einzelhandelsflächen außerhalb des Hauptgeschäfts modernisiert werden können.

Gesetzliche und fördertechnische Vorgaben

Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) gewährt Tilgungszuschüsse von bis zu 20 % für integrale Sanierungspakete. Voraussetzung ist die Begleitung durch einen Energie-Effizienz-Experten. Das Gebäudeenergiegesetz verschärft den zulässigen Primärenergiebedarf, während kommunale Satzungen in München teils Dach-Photovoltaik oder Gründächer vorschreiben. Förderanträge sollten bis zum Herbst gestellt sein, damit Bewilligungen vor Witterungsbeginn vorliegen.

Technische und logistische Herausforderungen bei Minusgraden

Witterungseinflüsse auf den Baubetrieb

Schnee, Frost und kurze Tageslichtphasen beeinflussen Gerüstbau, Materialumschlag und Trocknungsprozesse. Gefrorene Verkehrswege verzögern Lieferketten, während eingeschränkte Kranstandzeiten Pufferzeiten reduzieren. Effektive Gegenmaßnahmen sind:

  1. Ein Logistikplan mit definierten Anlieferfenstern und Winterdienstkonzept.
  2. Temporär beheizte Lagerzelte zur konditionierten Aufbewahrung temperaturempfindlicher Produkte.
  3. Vorfabrizierte Bauelemente, die witterungsunabhängig montiert werden können.

Materialverhalten und Feuchtehaushalt

Viele Baustoffe erreichen ihre Endfestigkeit erst oberhalb von +5 °C. Spezielle Wintermörtel, Kaltschweißbahnen oder mineralische Dämmsysteme reduzieren Risiken. Datenlogger erfassen Temperatur und relative Luftfeuchte, um Grenzwerte zu überwachen und Dokumentationspflichten gegenüber Förderstellen zu erfüllen. Estriche werden über Niedertemperaturheizungen temperiert; dadurch verkürzt sich die Austrocknungszeit ohne thermische Spannungen.

Luftdichtheit und Anlagentechnik im Echtbetrieb

Blower-Door-Tests während der Bauphase zeigen Leckagen an Fenster- und Fassadenanschlüssen frühzeitig auf. Parallel kann eine neu installierte Wärmepumpe im Teillastbetrieb Baustellenwärme liefern. Dieser Echtbetrieb unter winterlichen Bedingungen ermöglicht eine Feinjustierung der Regelparameter noch vor der Abnahme.

Strategische Projektplanung und Praxisbeispiele

Digitale Bestandsaufnahme und Szenarienplanung

Eine Wintermodernisierung beginnt mit 3D-Laserscans des Bestands. Die Punktwolke fließt in ein BIM-Modell, das Bauablauf, Kosten und Cashflow koppelt. Eine SWOT-Analyse identifiziert kritische Schnittstellen zwischen Gewerken. Typische Meilensteine sind:

  • Fensteraustausch bis Kalenderwoche 3, um rechtzeitig luftdichte Ebenen herzustellen.
  • Estrichaufheizung bis Kalenderwoche 6, angepasst an Feiertage und Frostperioden.
  • Blower-Door-Prüfung unmittelbar nach Schließung der thermischen Hülle.

Finanzierungsmodelle und Liquiditätssteuerung

Zahlungspläne verknüpfen Abschlagsrechnungen mit dokumentierten Baufortschritten. Zwischenfinanzierungen über KfW-Programme glätten Liquiditätsspitzen, während steuerliche Sonderabschreibungen die Gesamtrendite verbessern. Transparente Berichte stärken das Vertrauen von Kapitalgebern und Versicherungen.

Realisierte Projekte im Großraum München

Altbau, Innenstadtlage, fünf Geschosse: Dach, Fenster und Fassade wurden zwischen Dezember und März erneuert. Die modulare Vorfertigung reduzierte die Bauzeit auf zwölf Wochen; der Primärenergiebedarf sank um 38 %.

Denkmalgeschützte Villa am Starnberger See: Innendämmung, Holz-Alu-Fenster und Erdwärmepumpe wurden unter laufendem Betrieb eingebaut. Nach Fertigstellung erreichte das Objekt ein A-Label.

Einzelhandelsfläche im Umland: Achtwöchige Modernisierung nach Weihnachtsgeschäft, inklusive Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Der Winter eignete sich für einen Blower-Door-Test, der Undichtigkeiten an der Glasfassade aufdeckte und sofortige Nachbesserung erlaubte.

Kollaborative Gewerkekoordination unter Winterbedingungen

Eine energetische Sanierung im Altbau erfordert synchronisierte Abläufe zwischen Ausbau‐, TGA‐ und Fassadengewerken. Bei Minustemperaturen wird häufig mit sogenannten Taktflächen gearbeitet: Das Gebäudevolumen wird in witterungsgeschützte Segmente unterteilt, deren Fertigstellung tagegenau mit Lean-Construction-Methoden geplant wird. In München hat sich ein Zwei-Schicht-Modell etabliert, bei dem lärmintensive Tätigkeiten bis 19 Uhr abgeschlossen sind, während leise Innenarbeiten in den späten Abend verlagert werden. Digitale Taktboards zeigen allen Projektbeteiligten in Echtzeit den Fortschritt; Verzögerungen durch Frostwarnungen werden unmittelbar in den Bauzeitenplan eingesteuert.

Qualitätssicherung durch lückenlose Dokumentation

Die Förderpraxis verlangt nach prüfbaren Nachweisen. Neben dem obligatorischen Energie-Nachweis wird auf winterlichen Baustellen zunehmend ein digitales Bautagebuch eingesetzt, das Temperatur- und Feuchtedaten automatisiert mit Foto- und Scanaufnahmen verknüpft. So lassen sich Fehlstellen an Dämmsystemen Thermografie-gestützt lokalisieren, bevor Innenausbau oder Putzarbeiten die Sicht verdecken. Eine zusätzliche Vorteilhaftigkeit ergibt sich für die Gewährleistung: Nach VOB/B können Unternehmer beweisen, dass Materialparameter trotz Minusgraden eingehalten wurden.

Arbeitsschutz, Umwelt- und Lärmschutz im Winter

Die Bayerische Bauordnung verpflichtet Auftraggeber zur Minimierung von Emissionen, auch bei Kälte. Mobile Heizgeräte müssen CO₂-arme Brennstoffe verwenden oder elektrisch betrieben werden, um die lokale Feinstaubbelastung unter den Grenzwerten der 39. BImSchV zu halten. Rutschhemmende Beläge, Beleuchtungskonzepte mit mindestens 100 Lux auf Verkehrswegen und beheizbare Pausenräume sind Bestandteile der Gefährdungsbeurteilung nach DGUV R 101-601. Gerade bei Innenstadtlagen werden lärmarme Bohr- und Fräsverfahren eingesetzt, um Anwohnerauflagen einzuhalten.

Versicherungstechnische Absicherung und Risikomanagement

Schwankende Temperaturen erhöhen das Schadensrisiko. Bauleistungsversicherungen schließen Frost- und Nässeschäden häufig nur ein, wenn ein abgestimmtes Witterungsschutzkonzept vorliegt. Zusätzlich empfehlen bayerische Versicherer eine Montageversicherung für vorgefertigte Fassadenelemente, da diese bereits ab Lieferung auf der Baustelle in die Haftung fallen. Ein projektbezogener Risikokatalog bewertet Gefahrenklassen von 1 (statisch beherrschbar) bis 5 (extern bedingt), um Selbstbehalte kalkulierbar zu machen.

Technologische Trends: IoT-Sensorik und Predictive Maintenance

Mit batterielosen Funk-Sensoren lassen sich Feuchtewanderung in Dämmstoffen, Estrichtemperaturen oder Luftwechselraten über NB-IoT in die Cloud senden. Algorithmen prognostizieren Trockenzeiten und schlagen vor, wann beheizt oder gelüftet werden muss, um Schimmelbildung zu vermeiden. Im Großraum München testen Bauträger darüber hinaus smarte Gerüstanker, die Erschütterungen melden, falls Eislasten die Standsicherheit beeinträchtigen.

Fachkräfteentwicklung und Weiterbildung

Der winterliche Sanierungsmarkt verlangt geschultes Personal in Spezialgebieten wie Kaltdachabdichtung oder luftdichter Einbau von Fenstern nach DIN 4108-7. Regionale Bildungszentren bieten Zertifikatskurse an, die durch die Agentur für Arbeit und den Europäischen Sozialfonds förderfähig sind. Baustellen mit dokumentierter Weiterbildung erzielen nachweislich geringere Mängelquoten und profitieren von kürzeren Abnahmezeiten.

Abnahme, Inbetriebnahme und Monitoring

Sobald die thermische Hülle geschlossen ist, folgt ein mehrstufiges Inbetriebnahmemanagement nach VDI 6039. Dazu gehören Funktionsprüfungen von Wärmepumpe, Lüftungsanlage und Regeltechnik unter realen Winterlasten. Nach Fertigstellung startet das zweijährige Monitoring: Energiezähler und Sensorik speisen Kennzahlen in ein Dashboard, das Soll- und Ist-Verbrauch gegenüberstellt. Werden die vertraglich fixierten Effizienzwerte nicht erreicht, lösen definierte Eskalationspfade Nachjustierungen aus, ohne dass teure Nachträge erforderlich sind.

Fazit
Altbauten lassen sich auch in der kalten Jahreszeit prozessorientiert, rechtssicher und wirtschaftlich auf ein zukunftsfähiges Effizienzniveau bringen. Entscheidend sind eine taktgenaue Gewerkeabstimmung, lückenlose Qualitätsdokumentation und eine frühzeitige Absicherung von Risiken. Wer digitale Tools, Lean-Methoden und geschultes Personal kombiniert, reduziert Bauzeit, Mängelquote und Energiekosten gleichermaßen – ein klarer Wettbewerbsvorteil für Investoren und ausführende Unternehmen.

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