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Solarthermie im Herbst: Strategischer Wettbewerbsvorteil für die Bauwirtschaft in Bayern – Kosten senken und CO₂-Emissionen reduzieren


Solarthermie im Herbst optimal nutzen

Strategische Relevanz für Münchener Gebäudebestand

Steigende Energiepreise, ESG-Pflichten und der bayerische Klimaplan erhöhen den Handlungsdruck auf Eigentümer gewerblicher Immobilien. Die Übergangsmonate zwischen Sommer und Heizperiode bieten dabei ein bislang unterschätztes Potenzial: Solarthermie kann während dieser Zeit einen beträchtlichen Anteil der Wärmeversorgung übernehmen. In der Region München, deren Gebäudebestand von Bürokomplexen und hochwertigen Mehrparteienhäusern dominiert wird, lassen sich Betriebskosten und CO₂-Emissionen so sichtbar senken.

Ertragsprofile und klimatische Kennwerte

Meteorologische Daten des Deutschen Wetterdienstes zeigen im Stadtgebiet durchschnittlich 3,2 Sonnenstunden pro Tag im September und Oktober sowie 2,2 Stunden im November. Flach- und Vakuumkollektoren erzielen unter diesen Bedingungen spezifische Herbst­erträge von bis zu 45 kWh pro Quadratmeter Kollektorfläche. Bei einer Anlage von 150 m² entspricht das einer saisonalen Einsparung von rund 12 t CO₂ im Vergleich zu einem gasgefeuerten Kessel.

Normative und förderpolitische Rahmenbedingungen

Das Gebäudeenergiegesetz verpflichtet Bestandsgebäude bei wesentlichen Änderungen der Heiztechnik zur anteiligen Nutzung erneuerbarer Energien. Die Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG) unterstützt Solarthermie mit Zuschüssen bis 25 %, für Prozesswärme bis 45 %. Ergänzend gewährt das bayerische Programm „EnergieBonusBayern“ kleineren und mittleren Unternehmen zusätzliche fünf Prozentpunkte. Anlagen, die warmwasser solar erzeugen und eine pv heizung ergänzen, qualifizieren sich häufig für Systemboni, sofern Antragstellung und Nachweisführung den technischen Mindestanforderungen entsprechen.

Technische Auslegung von warmwasser solar und pv heizung ergänzen

Lastcharakteristik in der Übergangszeit

Der Raumwärmebedarf sinkt im Herbst merklich, während der Warmwasserbedarf konstant bleibt. Eine solarthermische Anlage sollte daher auf Trinkwassererwärmung priorisiert werden. In Schichtspeichern speist der Solarkreis vorzugsweise den oberen Temperaturbereich, um hygienisch sicheres Wasser von 60 °C bereitzustellen. Reichen diffuse Strahlungswerte nicht aus, kann eine pv heizung ergänzen als elektrischer Spitzenlast­puffer aktiviert werden.

Kollektortechnologien und Speichergrößen

Flachkollektoren werden in Bayern aufgrund ihres Preis-Leistungs-Verhältnisses am häufigsten verbaut. Vakuumröhren erreichen höhere Betriebstemperaturen und sind bei begrenzter Dachfläche oder Prozesswärme > 80 °C vorteilhaft. Für gewerbliche Großanlagen empfiehlt sich ein Speicher­volumen von 50–80 l pro Quadratmeter Kollektorfläche. Zweikreissysteme mit Frostschutzmedium im primären Solarkreis und Hocheffizienzpumpe minimieren Stagnationsrisiken. Sensor­gateways binden Hydraulikmodule in das Gebäude­managementsystem ein, sodass Kennzahlen wie Levelized Cost of Heat (LCOH) in Echtzeit überwacht werden können.

Projektabwicklung von der Planung bis zur Inbetriebnahme

Digitale Simulation und Wirtschaftlichkeit

Eine integrale Planung verbindet Architektur, TGA, Statik und Fördermittelmanagement. Digitale Strahlungs­simulationen bilden Verschattung, Dachneigungen und Nutzerprofile ab und liefern fundierte Wärmebedarfs­prognosen. Sensitivitätsanalysen berücksichtigen die Preisentwicklung für Strom und Brennstoffe, um die Rentabilität unterschiedlicher Szenarien zu bewerten.

Montagefenster und Qualitätskontrolle

Der optimale Montagezeitpunkt liegt im Spätsommer, um die ersten Herbsttage bereits zu nutzen. Während der Bauphase gewährleisten Thermografie- und Dichtheitsprüfungen die Funktionsfähigkeit der Kollektorflächen. Nach hydraulischer Einregulierung folgt eine mehrmonatige Optimierungsphase, in der Regler­parameter, Volumenströme und Speicher­schichtungen an das reale Lastprofil angepasst werden.

Anwendungsbeispiele im bayerischen Marktumfeld

Büro- und Verwaltungsbauten

In Kantinen, Sanitärbereichen und betrieblichen Sporteinrichtungen entsteht ganzjährig Warmwasserbedarf. Eine 200-m²-Anlage deckt in typischen Bürocampi bis zu 70 % dieses Bedarfs. Überschusswärme lässt sich über Betonkernaktivierung in die Bauteilmasse einspeisen und auf das Gebäude­managementsystem abstimmen.

Premium-Wohnobjekte

Luxuswohnanlagen mit Wellness­bereichen profitieren von warmwasser solar, das Whirlpools oder Saunen auf Temperatur hält, ohne akustische oder optische Beeinträchtigungen. Ein 1 500-l-Schichtspeicher liefert ausreichend Reserve, während eine pv heizung ergänzen Spitzenlasten elektrisch abfängt.

Handel und Quartiersversorgung

Einzelhandelsdachanlagen erzeugen häufig mehr Wärme, als lokal benötigt wird. Puffer­speicher ermöglichen die Zwischenspeicherung; alternativ kann die Energie in Nahwärmenetze eingespeist werden. Pilotprojekte mit dezentralen „Solar Heat Grids“ amortisieren sich unter Münchener Rahmenbedingungen in weniger als zehn Jahren.

Einbindung in Niedertemperaturnetze

Die Mehrheit der innerstädtischen Fernwärmesysteme in München arbeitet heute noch mit Vorlauftemperaturen von 90 °C und mehr. Für solarthermisch unterstützte Nahwärmeverbünde empfiehlt sich dagegen ein Niedertemperaturdesign zwischen 65 °C und 75 °C. Diese Absenkung senkt Leitungsverluste um rund 15 % und ermöglicht, dass Flachkollektoren selbst an diffusen Herbsttagen nennenswerte Wärmemengen einspeisen. Wird eine Übergabestation mit hydraulischer Weiche kombiniert, lassen sich rücklaufseitig 35 °C anpeilen – ideale Bedingungen, um nachgeschaltete Wärmepumpen oder eine pv heizung ergänzen effizient zu betreiben.

Hybride Wärmeerzeuger und Systemeffizienz

In Büroquartieren ist eine rein solarthermische Deckung selten wirtschaftlich. Hybride Anlagen koppeln daher warmwasser solar mit Gas-Brennwertkesseln, Blockheizkraftwerken oder Wärmepumpen. Die Solarregelung priorisiert den Kollektorertrag, während die konventionelle Technik nur Taktzeiten übernimmt, die aus meteorologischen Daten oder Monitoringwerten prognostiziert werden. Durch diese Kaskadenlogik reduzieren sich Einschaltzyklen des Spitzenlastkessels um bis zu 40 %, was die Lebensdauer erhöht und Wartungskosten senkt. Betreiber erzielen so Levelized Cost of Heat von unter 6 ct/kWh – ein Wert, der im Vergleich zu fossiler Erzeugung auch unter steigenden CO₂-Preisen wettbewerbsfähig bleibt.

Monitoring, Kennzahlen und Fernwartung

Eine lückenlose Datenerfassung ist Voraussetzung, um Förderbedingungen zu erfüllen und Betriebsoptimierungen durchzuführen. Typischerweise werden Volumenstrom, Vorlauf- und Rücklauftemperaturen, Solarstrahlung sowie Pumpenlaufzeiten erfasst. Aus diesen Daten lassen sich Kennzahlen wie Solarer Deckungsanteil, spezifischer Ertrag pro Quadratmeter sowie Stillstandszeiten der Kollektorfelder berechnen. Bei Abweichungen von mehr als 10 % gegenüber der Auslegungsprognose kann ein Remote-Service Techniker alarmieren, noch bevor Komforteinbußen auftreten. Für Eigentümer großer Portfolios wird dadurch eine zentrale Steuerung ermöglicht, die Benchmarks zwischen unterschiedlichen Standorten in Echtzeit abbildet.

Servicekonzepte und Lebenszykluskosten

Langfristig entscheiden Wartungsaufwände über die Wirtschaftlichkeit. In Bayern etablierte Dienstleistungsmodelle umfassen eine jährliche Sichtprüfung, den Austausch des Frostschutzmediums alle fünf Jahre und die Kalibrierung der Sensorik bei Bedarf. Kostentreiber sind dabei nicht die Ersatzteile, sondern Stillstandszeiten – insbesondere in Hotels oder Pflegeeinrichtungen. Ein vorausschauendes Wartungsfenster im Spätsommer harmoniert mit dem niedrigen Wärmebedarf und minimiert Ausfallrisiken. Über die Lebensdauer von 25 Jahren liegen die Betriebskosten im Mittel bei 1,2 ct/kWh, wodurch die Gesamtwirtschaftlichkeit gegenüber rein fossil betriebenen Anlagen signifikant verbessert wird.

Versicherungs- und Haftungsfragen

Für gewerbliche Betreiber sind All-Risk-Versicherungen üblich, die auch Hagel- oder Sturmschäden an Kollektorflächen abdecken. Wichtig ist eine korrekte Summenermittlung: Neben den Anschaffungswerten müssen Montagekosten, Gerüststellung und Verzögerungsschäden einbezogen werden. Bei Dachflächen größer als 100 m² verlangen Versicherer häufig einen Blitzschutz nach DIN EN 62305, der in die Planung integrierbar ist und sich in der Prämienkalkulation positiv niederschlägt. Haftungsrechtlich bleibt die Betreiberverantwortung für Legionellenprävention bestehen, auch wenn warmwasser solar den Hauptanteil der Erwärmung leistet. Entsprechende Temperatur- und Zapfprofilnachweise sollten daher revisionssicher archiviert werden.

Zukunftsthema Solarthermie und Wasserstoff

Die Münchener Stadtwerke planen, bis 2040 einen Teil des Gasnetzes auf grünen Wasserstoff umzustellen. Solarthermie kann in diesem Kontext als Vorwärmestufe dienen: Je höher die Eingangstemperatur eines Wasserstoff-Brennwertkessels, desto besser der Wirkungsgrad. Modellrechnungen zeigen, dass ein 150-m²-Kollektorfeld die benötigte Gasmenge um bis zu 20 % senken könnte. Für Quartiersentwickler eröffnen sich dadurch modulare Optionen: Heute investiert man in Kollektoren und Speicher, morgen lässt sich die Erzeugerseite flexibel um H₂-fähige Komponenten erweitern. Dieses „No-Regret-Szenario“ erfüllt bereits heutige ESG-Kriterien und hält zukünftige Technologiewege offen.

Finanzierungsmodelle und Contracting

Neben klassischen Investitionskrediten sind in Bayern zunehmend Wärmelieferverträge (Contracting) verbreitet. Ein Contractor plant, finanziert und betreibt die Solarthermieanlage, während der Gebäudeeigentümer lediglich die abgenommene Wärme bezahlt. Die Konditionen orientieren sich an einer Grund- und Arbeitspreisstruktur, wobei der Arbeitspreis meist 10 % unter dem durchschnittlichen Gaspreis liegt. Für Unternehmen, die Investitionsbudgets schonen möchten oder Unsicherheiten hinsichtlich künftiger Nutzungsprofile haben, bietet Contracting eine risikoarme Alternative. Fördermittel können dabei durch den Contractor beantragt werden, was die Abwicklung weiter vereinfacht.

Rechenbeispiel: Gewerblicher Wohn- und Bürokomplex

Ein gemischt genutztes Gebäude mit 5 000 m² Bürofläche und 60 Wohneinheiten weist einen Jahreswärmebedarf von 920 MWh auf. Durch Installation von 250 m² Vakuumröhrenkollektoren und einem 18 m³ Schichtspeicher werden im Herbst 92 MWh solar erzeugt. Der Gasverbrauch sinkt um 9 000 m³, was aktuell rund 12 000 € Brennstoffkosten entspricht. Bei Investitionskosten von 275 000 € und Förderzusagen von 30 % ergibt sich ein Kapitalbedarf von 192 500 €. Unter Annahme von 2 % Betriebskosten pro Jahr liegt die statische Amortisation bei knapp acht Jahren. Werden zukünftige CO₂-Abgaben mit einbezogen, verkürzt sich dieser Zeitraum auf unter sechs Jahre.

Qualifikationsanforderungen an Fachbetriebe

Die technische Komplexität nimmt mit der Größe der Anlagen zu. Bayerische Handwerkskammern und die Hochschule München bieten daher Zertifikatslehrgänge an, in denen Hydraulikschemata, Regelalgorithmen und Förderantragsprozesse praxisnah vermittelt werden. Für öffentliche Ausschreibungen wird oftmals ein Nachweis nach VDI 2169 gefordert, um sicherzustellen, dass Planung, Montage und Inbetriebnahme normgerecht erfolgen. Für Betreiber ist es ratsam, Wartungsverträge nur mit Betrieben abzuschließen, die diese Qualifikationen nachweisen können, um Regressrisiken auszuschließen und Förderauflagen einzuhalten.

Digitales Zwilling-Konzept

Ein digitaler Zwilling bildet die komplette Anlage virtuell ab und verknüpft Planung, Bau und Betrieb. Sensorwerte werden in Echtzeit eingespielt und mit Simulationsdaten verglichen. So lassen sich Abweichungen bereits erkennen, bevor sie signifikant werden. Bei Temperaturschichtungsproblemen kann das Modell zum Beispiel einen höheren Volumenstrom oder eine Anpassung der Regelhysterese vorschlagen. Auch Fördergeber setzen zunehmend auf digitale Nachweisführung, da diese Methode eine transparente Dokumentation über den gesamten Lebenszyklus gewährleistet und Betrugsrisiken minimiert.

Best Practices aus der Mängelstatistik

Erfahrungen aus 120 bayerischen Großanlagen zeigen, dass 60 % der Betriebsstörungen auf drei Fehlerquellen zurückgehen: unzureichende Entlüftung, fehlerhafte Durchflussregler und unkalibrierte Temperaturfühler. Präventive Maßnahmen umfassen automatische Entlüfter mit Absperrventilen, redundante Durchflussmessgeräte und jährliche Kalibrierprotokolle. Werden diese Punkte bereits in der Planungsphase berücksichtigt, sinkt die Ausfallrate um mehr als die Hälfte. Für Betreiber reduziert sich der Serviceaufwand so von durchschnittlich 9,5 auf 4,3 Stunden pro Anlagengröße von 100 m² und Jahr.

Politische Perspektiven und Marktentwicklung

Der Freistaat Bayern hat Ende 2022 eine Solaroffensive beschlossen, die im gewerblichen Segment bis 2030 ein Plus von 250 MWth vorsieht. Eine Verschärfung der kommunalen Wärmeplanung könnte dazu führen, dass bestimmte Neubaugebiete eine verbindliche Quote für erneuerbare Wärme erhalten. Für Finanzierer schafft das Planbarkeit, während Hersteller mit steigenden Stückzahlen Skaleneffekte erzielen. Prognosen des Fraunhofer ISE gehen davon aus, dass sich die Systemkosten bis 2027 um weitere 10 % verringern. Damit steigt die Attraktivität besonders für Mittelstandsunternehmen, die bislang vor hohen Kapitalkosten zurückschreckten.

Fazit: Solarthermie bietet in Bayerns Herbstmonaten erhebliche Potenziale zur CO₂- und Kostensenkung. Erfolgreiche Projekte setzen auf passgenaue Systemauslegung, digitale Überwachung und professionelle Wartung. Wer hybride Lösungen mit warmwasser solar und pv heizung ergänzen kombiniert, sichert Versorgungssicherheit und optimiert die Rendite. Unternehmen sollten frühzeitig Fördermittel prüfen, qualifizierte Fachbetriebe einbinden und einen klaren Fahrplan von Planung bis Betrieb definieren, um regulatorische Chancen und wirtschaftliche Vorteile vollständig auszuschöpfen.

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