Wandheizung im Altbau: Effiziente Flächenheizung bei niedriger Vorlauftemperatur
Rahmenbedingungen im Großraum München
Bestandsgebäude im Ballungsraum München stehen derzeit unter hohem Modernisierungsdruck. Gestiegene CO₂-Kosten, ein ausgeprägtes Bedürfnis nach flexiblen Grundrissen sowie verschärfte Anforderungen aus dem Gebäudeenergiegesetz rücken alternative Wärmeverteilsysteme in den Fokus. Die Wandheizung im Altbau nutzt vorhandene Wandflächen als großformatigen Wärmeübertrager und erlaubt somit Vorlauftemperaturen von 30 °C bis 40 °C. Diese Eigenschaft reduziert Netz- und Erzeugerverluste und schafft zugleich Spielraum für gestalterische Lösungen ohne sichtbare Heizkörper.
Technische Grundlagen der Wandflächenheizung
Wärmeübertragung und Behaglichkeit
Eine Wandflächenheizung arbeitet primär über Strahlungswärme. Durch die großflächige Abgabe lässt sich die Lufttemperatur im Raum um circa 2 K niedriger wählen als bei Konvektionssystemen, ohne dass Komforteinbußen entstehen. Die flächige Wärmeverteilung verhindert lokale Hotspots und minimiert Staubaufwirbelungen – ein Vorteil in sensiblen Nutzungen wie Galerien oder Gesundheitsimmobilien.
Konstruktion im Bestand
Für den nachträglichen Einbau werden überwiegend Nass- oder Trockensysteme mit kapillarrohr- oder Mehrschichtverbundleitungen eingesetzt. Tragfähige Massivwände ab rund 12 cm Dicke eignen sich ohne aufwendige statische Eingriffe. Entscheidend ist eine detaillierte Feuchte- und Schimmelrisikoprüfung, insbesondere bei Fassadenwänden. Eine thermische Simulation unterstützt die Auslegung, indem sie Speicherfähigkeit und zeitliche Lastverschiebungen abbildet.
Marktdaten und regulatorische Anforderungen
Energetische Kennzahlen
Laut Statistischem Bundesamt entfallen etwa 35 % des deutschen Endenergieverbrauchs auf Gebäude, davon mehr als 70 % auf Heizwärme. Der Bundesverband Flächenheizungen verzeichnet ein jährliches Marktwachstum von rund 9 % für Wand- und Fußbodenheizungen im Sanierungssektor. Untersuchungen der TU Dresden weisen für Flächenheizungen mit niedriger Vorlauftemperatur bis zu 15 % geringere Verteilverluste gegenüber Radiatorensystemen nach.
Gesetzliche Vorgaben und Förderoptionen
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG 2023) verlangt bei wesentlichen Änderungen der Wärmeerzeugung die Einhaltung strenger Effizienzkriterien. Eine Wandheizung erleichtert die Erfüllung dieser Vorgaben, da sie systembedingt mit geringeren Temperaturen betrieben wird und somit sehr gut mit Wärmepumpen oder Fernwärmenetzen kombiniert werden kann. Finanzielle Unterstützung bieten die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) mit Investitionszuschüssen bis 20 % sowie zinsverbilligte Kredite der KfW für umfassende Sanierungen. Auf Landesebene honoriert der EnergieBonus Bayern Maßnahmen, die niedrige Systemtemperaturen nachweisen.
Projektabwicklung in der Praxis
Machbarkeitsprüfung und Planung
Zu Beginn steht eine Bestandsaufnahme mit Fokus auf Wandaufbau, Leitungsführung, Feuchtehaushalt und gegebenenfalls Denkmalschutz. Auf Basis dieser Daten werden Heizlastberechnungen und Bauteilsimulationen durchgeführt. Für Misch- oder Gewerbenutzungen empfiehlt sich ergänzend eine Lebenszykluskostenanalyse, um Betrieb, Wartung und Energieaufwand transparent zu quantifizieren. Werden mehrere Förderprogramme kombiniert, ist eine frühzeitige Abstimmung mit dem Fördermittelgeber notwendig, da Nachweiswege (z. B. hydraulischer Abgleich) projektspezifisch variieren.
Bauausführung und Inbetriebnahme
Der Bauablauf folgt in der Regel einer festen Sequenz:
- Freilegen oder Rückbauen der Bestandsoberflächen
- Einbringen neuer Installationsschächte für Medienleitungen
- Montage der Wandheizungsregister und Systemtrennungen
- Auftrag der Deckschicht (Putz, Trockenbauplatte oder Spezialputz)
- Hydraulischer Abgleich, Regelungstest und Dokumentation
Zur Sicherstellung der niedrigen Vorlauftemperatur empfiehlt sich der Einsatz differenzdruckgeregelter Pumpen sowie digitaler Abgleichtechnologien. Building Information Modeling (BIM) hat sich als Werkzeug bewährt, um Kollisionen zu vermeiden und die Ausführungsplanung präzise mit den Gewerken TGA, Elektro und Ausbau zu verzahnen.
Anwendungsbeispiele nach Nutzungsklasse
Büro- und Verwaltungsgebäude
Großraumstrukturen profitieren von der gleichmäßigen Temperaturverteilung und dem Entfall konvektionsbedingter Zugerscheinungen. Gleichzeitig sinkt der Bedarf an Kühllast, da die speicherfähige Wandkonstruktion Temperaturschwankungen abpuffert.
Hochwertiger Wohnungsbau
Im Premiumsegment steigert die verdeckte Installation den architektonischen Spielraum. Bodentiefe Fenster und wandintegrierte Möblierung lassen sich ohne Einschränkungen realisieren, während empfindliche Oberflächen durch stabile Strahlungstemperaturen geschont werden.
Einzelhandel und Showrooms
Warme Wände entlang der Schaufenster verhindern Kälteschleier und verlängern nachweislich die Verweildauer von Kundinnen und Kunden. Der verringerte Staubtransport durch reduzierte Luftbewegung unterstützt zudem die Präsentation staubsensibler Produkte.
Denkmalgeschützte Bausubstanz
Bei historisch wertvollen Objekten in Bayern steht der Planer oft vor der Aufgabe, Komfortverbesserungen ohne Eingriff in sichtbare Fassaden oder Stuckflächen umzusetzen. Eine Wandheizung lässt sich auf der Innenseite massiver Außenwände installieren und nutzt so den vorhandenen Putzaufbau als thermische Speichermasse. Voraussetzung ist ein kapillar wirksamer Ausgleichsputz, der Feuchtigkeit vom Mauerwerk an die Raumluft abführen kann. Zur Vermeidung von Tauwasser werden sorptionsfähige Kalk- oder Lehmputze mit hohem pH-Wert verwendet. Die Leitungsführung erfolgt vorrangig in vorhandenen Fugen oder hinter Sockelleisten, um unverändert bleibende Flächen möglichst nicht anzutasten. Eine Begleitung durch die Denkmalbehörde empfiehlt sich frühzeitig, da der reversible Rückbau der Flächenheizung oftmals als pluspunkt für die Genehmigung gewertet wird.
Regelungstechnik und hydraulische Einbindung
Die niedrige Vorlauftemperatur von Wandheizungen erfordert eine präzise Regelstrategie, um Behaglichkeit und Effizienz gleichermaßen sicherzustellen. Zonenweise Regelventile mit stetigem Stellantrieb reagieren trägheitsarm auf Laständerungen, während Raumfühler in Wandnähe die Oberflächentemperatur berücksichtigen. Im hydraulischen Schema bewährt sich ein witterungsgeführter Mischerkreis, der die Flächenheizung von Heizkörpersträngen separiert. Differenzdruckregler und Volumenstromsensoren ermöglichen einen dynamischen hydraulischen Abgleich, der sich per Software dokumentieren lässt – ein Nachweis, der für die BEG-Förderung verpflichtend ist. Werden Wärmepumpen eingesetzt, sollte die Heizungsvorlauftemperatur in der Auslegung 35 °C nicht überschreiten, um die Jahresarbeitszahl deutlich über 4,0 zu heben.
Synergien mit Wärmepumpen und Nahwärmenetzen
Im Münchner Umland steigt der Anschluss an kalte Nahwärmenetze mit Vorlauftemperaturen unter 50 °C. Wandflächenheizungen passen ideal zu diesen Netzen, da sie große Übertragungsflächen bieten und so niedrige Rücklauftemperaturen von 25 °C bis 30 °C ermöglichen. Dieser Temperaturhub verbessert die Netzexergie, wodurch Wärmepumpen am Einspeisepunkt kleiner dimensioniert werden können. Bei einer dezentralen Luft-Wasser-Wärmepumpe im Mehrfamilienhaus reduziert die Flächenheizung den Verdichterstromverbrauch laut Feldmessungen des ZAE Bayern um bis zu 18 %. Gleichzeitig sinken Laufgeräusche, weil längere Verdichterzyklen ohne häufige Starts gefahren werden.
Kostenstruktur und Wirtschaftlichkeit
Die Investitionskosten einer Wandheizung im bayerischen Bestand liegen abhängig von System und Oberflächengestaltung zwischen 70 € und 110 € pro Quadratmeter Heizfläche. Dem stehen Einsparungen bei konventionellen Radiatoren sowie oft geringere Anforderungen an die Heizleistung des Wärmeerzeugers gegenüber. Eine Vollkostenrechnung über 20 Jahre zeigt, dass sich die Mehrinvestition ab einem Wärmepumpenanteil von 60 % des Wärmebedarfs amortisiert. Förderzuschüsse verkürzen die Rückzahlzeit nochmals um rund drei Jahre. Für Gewerbeflächen mit langen Betriebszeiten schlägt zusätzlich der geringere Wartungsaufwand zu Buche, da bewegliche Teile nur im Übergabepunkt, nicht jedoch in der Wandfläche selbst vorhanden sind.
Instandhaltung und Lebensdauer
Verschlossene Register und eine homogene Deckschicht gewährleisten eine hohe Betriebssicherheit von mehr als 40 Jahren. Wartungsrelevant bleiben im Wesentlichen die Pumpen, Regelventile und Druckausdehnungsgefäße im Technikraum. Um Schlammablagerungen vorzubeugen, wird das Kreislaufwasser nach VDI 2035 aufbereitet; ein Magnetit-Schmutzfänger ist obligatorisch. Funktionskontrollen beschränken sich auf die jährliche Sichtprüfung der Vor- und Rücklauftemperaturen sowie die Überwachung des Differenzdrucks. Leckstellen können durch Thermografie exakt lokalisiert und mit kleinstflächigen Eingriffen repariert werden, ohne ganze Wandabschnitte zu öffnen.
Typische Fehler und Qualitätskontrollen
Die häufigste Ursache für Minderleistung ist ein unzureichender Kontakt zwischen Heizrohr und Putzschicht. Eine Mindestüberdeckung von 10 mm sowie ein thermisch leitfähiger Putz mit λ ≥ 1,0 W/(m·K) sind deshalb standortübergreifend einzuhalten. Auch Übertragungsbrücken aus Metallprofilen sollten vermieden werden, da sie Schleifen im Regelkreis erzeugen. Auf der Regelungsebene führt das Abschalten der Heizung in der Nacht oft zu einer zu starken Auskühlung der Wand; eine Absenkung um maximal 2 K gilt als praxisbewährt. Die Bauleitung sichert Qualität, indem sie für jedes Register ein Prüfprotokoll mit Dichtheitsnachweis und Foto der Rohrlage anfertigt. Wärmebildaufnahmen nach dem Verputzen dokumentieren die leitungsfreie Montagezone für spätere Kernbohrungen.
Ausblick: Integration in ganzheitliche Sanierungskonzepte
Mit Blick auf den klimaneutralen Gebäudebestand 2045 wird die Wandheizung zunehmend als Bindeglied zwischen Gebäudehülle, regenerativer Wärmeerzeugung und intelligenter Regelung verstanden. Sensorik‐gestützte Monitoring-Systeme erlauben eine kontinuierliche Optimierung des Betriebspunktes. In Kombination mit solaraktiven Fassaden oder Stromüberschüssen aus PV-Anlagen wird die Flächenheizung zukünftig vermehrt zur Raumtemperierung im Sommer herangezogen, indem sie kaltes Rücklaufwasser aus Erdspeichern nutzt. Damit verschiebt sich ihr Einsatzspektrum von der alleinigen Heizung zur ganzjährigen Wärme- und Kälteverteilung.
Fazit
Wandheizungen vereinen niedrige Vorlauftemperaturen, hohe Behaglichkeit und lange Lebensdauer zu einem wirtschaftlichen Wärmeverteilsystem für den bayerischen Bestand. Entscheidend sind eine präzise Planung, eine feuchtesichere Wandkonstruktion und eine regelungsoptimierte Einbindung in Wärmepumpen- oder Nahwärmenetze. Bauherren und Fachplaner profitieren von Förderprogrammen, reduzierten Betriebskosten und einem gesteigerten architektonischen Spielraum. Wer frühzeitig Qualitätskontrollen und digitale Abgleichtechnologien einbindet, minimiert Risiken und sichert die nachhaltige Performance der gesamten Anlage.
Falls Sie eine ausführlichere Beratung oder ein konkretes Angebot wünschen, senden Sie uns eine Anfrage:
👉 Kontaktformular
Oder nutzen Sie unser Anfrageformular:
👉 Zum Angebotsformular
Fragen zu unseren Dienstleistungen oder individuelle Anforderungen?






