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Photovoltaik-Fassaden im bayerischen Gewerbebau: Chancen für nachhaltige Energie und neue Gesetze zur Wirtschaftlichkeit

Photovoltaik-Fassaden im bayerischen Gewerbebau: Chancen für nachhaltige Energie und neue Gesetze zur Wirtschaftlichkeit

Photovoltaik-Fassaden im bayerischen Gewerbebau: Technik, Recht und Wirtschaftlichkeit

Marktdruck und regulatorische Impulse

Steigende Börsenstrompreise, die CO₂-Bepreisung und die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes verschieben die Wirtschaftlichkeitsgrenzen für erneuerbare Energien. In Bayern verschärft die 10-H-Regel den Flächendruck für Freiflächenanlagen. Gewerbliche Gebäudehüllen werden damit zur strategischen Ressource: Jede nicht genutzte Quadratmeterzahl an Fassade ist potenzielle Ertragsfläche für Photovoltaik-Module. Für Eigentümer in München mit hohen Tageslastspitzen oder Ladeinfrastruktur lässt sich so die Netzstromabhängigkeit senken, während gleichzeitig ESG-Kriterien erfüllt werden.

Konstruktiver Aufbau und Leistungsvermögen moderner Solarfassaden

Vorgehängte hinterlüftete Systeme und gebäudeintegrierte Lösungen

Aktuelle Photovoltaik-Fassaden basieren auf zwei Grundprinzipien. Beim vorgehängten hinterlüfteten System tragen Aluminium- oder Stahlprofile das Modulfeld. Ein Luftspalt zwischen Tragstruktur und Bestandswand garantiert thermische Entkopplung und Feuchteabfuhr. Alternativ werden BIPV-Elemente direkt in die Gebäudehülle integriert und übernehmen gleichzeitig Wetterschutz- und Energiefunktion. Beide Varianten erfüllen die Vorgaben der DIN 18516-1 für hinterlüftete Außenwandbekleidungen beziehungsweise der DIN 18008 für konstruktiven Glasbau.

Module, Zelltechnologien und typische Kennzahlen

  • Monofaziale PERC-Zellen: 150–180 W/m², robustes Preis-Leistungs-Verhältnis.
  • Heterojunction-Zellen: 180–220 W/m², guter Temperaturkoeffizient, geeignet für Südfassaden.
  • Bifaziale Varianten: Mehrerträge von bis zu 10 % durch Rückseitenlicht, insbesondere bei hellen Vorhängen oder vorplatznahen Flächen.

In Münchner Breiten sind Jahreserträge von 300–500 kWh/kWp erreichbar. Eine 60-kWp-Fassade mit 400 m² Modulfläche liefert damit rund 18 000 kWh Strom. Abhängig von Ausrichtung und Beschattung deckt dies beispielsweise den Ladebedarf von etwa 30 Elektrofahrzeugen bei 10 000 km Jahresfahrleistung.

Normativer und förderrechtlicher Rahmen

Gebäudeenergiegesetz und technische Richtlinien

Das GEG verpflichtet Neubauten sowie umfassend sanierte Gebäude zu einem Erneuerbaren-Anteil von mindestens 65 Prozent. Erträge aus fest installierten Solarfassaden lassen sich über DIN V 18599 in die Energiebilanz einrechnen. Weitere relevante Standards sind DIN 4108 (Wärmeschutz), DIN 18008 Teil 1–5 (Glas im Bauwesen) und die VDE-Anwendungsregel AR 4100 für den Netzanschluss.

Finanzielle Anreize und Abschreibungsmöglichkeiten

Zuschüsse und Förderdarlehen werden im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) vergeben. Das bayerische 10 000-Häuser-Programm ergänzt die Bundesmittel. Für Anlagen bis 30 kWp entfällt seit 2022 die Umsatzsteuer auf Lieferung und Montage. Unternehmen mit größerem Leistungsbedarf nutzen Investitionsabzugsbetrag, degressive AfA und Herkunftsnachweise, um Kapitalkosten zu reduzieren und Erlöse zu steigern.

Wirtschaftliche Kennziffern im Gewerbeumfeld

Investitionsgrößen und Betriebskostenstrukturen

Bei hochwertigen Fassadenmaterialien kann die Solarfassade konventionelle Bekleidungen wie Naturstein oder Metallpaneele substituieren, wodurch Mehrkosten relativiert werden. Die laufenden Aufwendungen beschränken sich vornehmlich auf Reinigung, Monitoring und Versicherungen und liegen erfahrungsgemäß unter 1 % der Investitionssumme pro Jahr.

Erlösmodelle und Kapitalrückfluss

Die Wirtschaftlichkeit steht und fällt mit dem Eigenverbrauchsanteil. Jede Eigennutz-Kilowattstunde ersetzt derzeit Netzbezugspreise von 20–35 ct/kWh, während Überschusseinspeisung mit etwa 8–13 ct/kWh vergütet wird. Bei 70 % Eigenverbrauch lassen sich interne Verzinsungen zwischen 5 % und 9 % erzielen. Typische Amortisationszeiten bewegen sich im Bereich von zehn Jahren, abhängig von Lastgang, Modulpreisen und Finanzierungskonditionen.

Architektonische Integration und Gestaltungsspielräume

Materialität, Farbgebung und Rasterung

Glas-Glas-Module sind in unterschiedlichen Tönungen, Mattierungen und Siebdrucken verfügbar. Zellabstände können variiert werden, um semitransparente Effekte oder Firmenlogos darzustellen. Rahmenlose Ganzglasfelder liefern homogene Flächen, während gerahmte Systeme die Achsstruktur betonen. Durch Antireflexbeschichtungen wird Blendung auf Verkehrsflächen minimiert.

Realisierte Anwendungen im Großraum München

Bei einem innerstädtischen Bürokomplex wurde eine 350-m²-Ostfassade mit semitransparenten Modulen umgesetzt. Die Erträge von rund 45 MWh pro Jahr senken den Stromnetzkauf, gleichzeitig reduziert die Verschattung durch die Module die Kühllast um rund zwölf Prozent. Das Designkonzept erfüllte die Anforderungen des städtischen Gestaltungsbeirats durch anthrazitfarbene Zellrückseiten und schlanke Fugen.

Planungs- und Bauprozess

Machbarkeitsprüfung und Vorentwurf

Zu Beginn stehen Standortanalyse, Verschattungsstudie und Bestandsstatik. 3D-Simulationen prognostizieren Stromertrag und thermischen Einfluss. Parallel werden Rückbaukosten für bestehende Bekleidungen erfasst, Genehmigungsfristen der Lokalbehörden einkalkuliert und eine Kapitalwertanalyse erstellt.

Ablauf der Ausführung

  1. Gerüststellung und Demontage der Altfassade.
  2. Montage der Tragprofile und Brandschutzabschnitte.
  3. Installation vorkonfektionierter Modulstränge und verdeckte Kabelführung.
  4. Inbetriebnahmeprüfung nach VDE AR 4105 und Netzbetreiberabnahme.

Eine eng geführte Bauleitung koordiniert Gewerke, um Witterungsrisiken und Terminverschiebungen zu reduzieren.

Betriebsführung und Instandhaltung

Statik, Lastabtragung und Brandschutz

Modulgewichte von 15–30 kg/m² erfordern eine Nachweisführung für Biegung, Durchbiegung und Verankerung in Beton- oder Stahlverbund. Für Gebäude der Klasse 5 sind brandlastarme Glas-Glas-Module der Klasse A vorzusehen. Brandschutzkonzepte sehen horizontale und vertikale Brandsperren sowie feldweise Unterteilung auf maximal 40 m² vor.

Reinigung, Monitoring und Fehlerdiagnose

Die Niederschlagsmengen im Alpenvorland ermöglichen weitgehend natürliche Selbstreinigung. Dennoch mindern Pollen und Feinstaub langfristig den Ertrag. Praxisüblich sind halbjährliche Sichtkontrollen und eine jährliche Nassreinigung. Digitale Überwachungssysteme erkennen Hot-Spots oder Stringausfälle frühzeitig und halten die Verfügbarkeit über 98 %.

Netzintegration und Lastmanagement

Eine Photovoltaik-Fassade entfaltet ihren ökonomischen Effekt erst, wenn die gewonnene Energie zeitlich und leistungstechnisch sauber in das interne Netz eingebettet wird. Für gewerblich genutzte Immobilien in München dominieren typischerweise hohe Mittagsspitzen aus IT-Kühlung, Fertigungsanlagen oder Ladepunkten. Eine intelligente Regelung via Energiemanagementsystem (EMS) koppelt Wechselrichter, Gebäudeleittechnik und vorhandene Verbrauchszähler. Je nach Tarifstruktur können Spitzenlastkappen von 10–20 % erreicht werden, wodurch Netzentgelte und Leistungsentgelte spürbar sinken. Für den Nachweis gegenüber dem Energieversorger genügt in der Regel ein viertelstundengenaues Smart-Meter-Protokoll gemäß §14a EnWG.

Sektorkopplung und Speicheroptionen

Höhere Eigenverbrauchsquoten entstehen durch die Verbindung von Strom, Wärme und Mobilität. In Logistikhallen bietet sich der Einsatz von Luft-Wasser-Wärmepumpen an, die tagsüber mit Solarstrom betrieben werden und Pufferspeicher laden. Bei Planung einer DC-gekoppelten Batterie kann der Umwandlungsverlust im Vergleich zu AC-Systemen um bis zu drei Prozentpunkte reduziert werden. Lithium-Eisenphosphat-Speicher mit 50 kWh Kapazität kosten gegenwärtig rund 800 €/kWh inklusive Leistungselektronik. In Kombination mit einer 60-kWp-Fassade lassen sich so bis zu 85 % des Jahresstrombedarfs für Fuhrpark-Ladepunkte decken, ohne das Netz zu belasten. Ein zusätzlicher Vorteil: Die Batterie fungiert als USV-Ersatz und erhöht die Versorgungssicherheit kritischer Produktionslinien.

Genehmigungsverfahren und Abstimmung mit Behörden

In Bayern gilt für Solarfassaden das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 2 BayBO, sofern die Anlagen nicht in den Luftraum ragen oder den Brandschutz verschlechtern. Für Gebäude innerhalb einer Erhaltungssatzung oder in denkmalgeschützten Quartieren ist jedoch eine Zustimmung der Unteren Denkmalschutzbehörde erforderlich. Empfehlenswert ist ein frühzeitiges Abstimmungsgespräch mit Stadtplanungsamt und Brandschutzdienststelle. Die Unterlagen umfassen Fassadenansichten, statische Berechnung, reflexionsarmes Modulzertifikat sowie einen Brandschutzplan nach DIN 4102-4. Bei industriellen Großprojekten kann eine Umweltverträglichkeitsprüfung entfallen, wenn keine zusätzliche Flächenversiegelung entsteht und die Anlagenleistung unter 135 kWp bleibt.

Risikoabsicherung und Versicherungsfragen

Versicherungstechnisch wird eine Photovoltaik-Fassade als Teil der Gebäudehülle klassifiziert. Eine Erweiterung der bestehenden Sachversicherung um den Baustein „Erneuerbare Energien“ deckt Brand, Sturm, Hagel und Ertragsausfall ab. Die jährliche Prämie liegt üblicherweise zwischen 0,2 und 0,4 % der Investitionssumme. Für Montagezeiten empfiehlt sich eine Bauleistungsversicherung, welche typische Risiken wie Vandalismus oder Diebstahl der Module einschließt. Betreiber sollten zusätzlich prüfen, ob die Haftpflichtdeckung für Schäden durch herabfallende Bauteile oder Blendwirkung ausreichende Deckungssummen vorsieht.

Zukunftstrends bei Modultechnik und Fassadensystemen

Der technologische Fortschritt reduziert laufend die spezifischen Investitionskosten. Tandemzellen aus Silizium und Perowskit erreichen bereits Laborwirkungsgrade von über 30 %; erste Pilotfassaden in Niederbayern zeigen deutliche Mehrerträge bei niedrigen Einstrahlungswerten. Auch organische PV-Folien gewinnen an Relevanz, da sie flexible Geometrien ermöglichen und Flächen mit geringer Tragreserve erschließen. Im Bereich der Unterkonstruktionen setzen Hersteller verstärkt auf korrosionsbeständige Aluminium-Magnesium-Legierungen und modulare Klicksysteme, welche die Montagezeiten um bis zu 25 % reduzieren. Durch vorgefertigte Kabelkanäle in den Profilen wird die Sichtbarkeit der Elektroverkabelung minimiert und die Wartung vereinfacht.

Fazit: Photovoltaik-Fassaden verbinden architektonische Qualität mit handfester Wirtschaftlichkeit. Wer Netzintegration, Speicher und Genehmigung von Anfang an systematisch plant, erzielt Amortisationszeiten von unter zehn Jahren und stärkt gleichzeitig ESG-Kennzahlen. Entscheider im bayerischen Gewerbebau profitieren vor allem von hohen Eigenverbrauchsquoten, reduzierten Lastspitzen und langfristig kalkulierbaren Stromkosten. Eine frühzeitige Einbindung von Fachplanern, Behörden und Versicherern schafft Planungssicherheit und optimiert den Kapitalrückfluss.

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