Zurück zum Blog
Blog/

Nachhaltige Innenrenovierung in Bayern: Emissionsarme Materialien und neue Gesetze revolutionieren den Immobilienmarkt

Nachhaltige Innenrenovierung in Bayern: Emissionsarme Materialien und neue Gesetze revolutionieren den Immobilienmarkt

Nachhaltige Innenrenovierung: Farben und Materialien

Handlungsdruck im bayerischen Immobilienmarkt

In München und ganz Bayern wird Nachhaltigkeit in Bestandsgebäuden zunehmend zur Voraussetzung für Vermietbarkeit, Refinanzierung und behördliche Genehmigung. Verschärfte Grenzwerte für flüchtige organische Verbindungen (VOC) sowie EU-Taxonomie-Kriterien beeinflussen Kreditkonditionen und ESG-Reporting. Da Beschichtungen, Bodenbeläge und Einbauten bis zu 80 % der Innenraumemissionen verursachen, hat die Materialauswahl einen überproportionalen Einfluss auf Betriebskosten und Nutzerkomfort.

Kennzahlen und regulatorischer Rahmen

Emissionen, Markttrends, Nutzererwartungen

Laut Deutscher Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen verringern zertifizierte Naturfarben die VOC-Belastung in Büroräumen um bis zu 90 %. Parallel ermittelten Fraunhofer-IBP-Messreihen eine Senkung krankheitsbedingter Fehlzeiten um 5–10 % in Gebäuden mit emissionsarmen Innenausbauten. Immobilienanalysen zeigen zudem einen durchschnittlichen Mietaufschlag von 4 % für Flächen mit nachweislich gesunder Raumluft.

Der Bundesverband Farbe registriert, dass inzwischen rund ein Drittel der nationalen Innenfarbenverkäufe als „emissionsminimiert“ deklariert sind; im Premiumsegment beträgt der Anteil über 50 %. Das jährliche Wachstum liegt konstant bei knapp 9 %, befeuert durch ESG-Pflichten und steigende Nutzeranforderungen an Raumklima und Kreislauffähigkeit.

Rechtliche Grenzwerte und Förderinstrumente

  • EU-Gebäuderichtlinie (EPBD): Bei Renovierungen oberhalb 300 m² Grundfläche muss ein Dekarbonisierungspfad vorgelegt werden; die Nutzung emissionsarmer Baustoffe vereinfacht den Nachweis.
  • ChemVOCFarbV: Wandfarben der Klasse A dürfen maximal 30 g/l VOC enthalten; strengere Labels wie „Blauer Engel“ begrenzen VOC auf 10 g/l und schließen bestimmte Weichmacher aus.
  • KfW-Programme 261/262: Bezuschussung bis zu 15 % der förderfähigen Kosten bei Kombination nachhaltiger Innenausbauten mit einem Effizienzhauskonzept.
  • Bayern Innovativ – Ressourceneffizienz: Förderung von Pilotprojekten, die Naturdämmstoffe oder kreislauffähige Oberflächenmaterialien erproben.

Planungsrelevante Erkenntnisse

Bestandsanalyse und digitale Modellierung

Zu Beginn steht eine Raumluftmessung sowie ein Schadstoffscreening zur Erfassung möglicher Altlasten wie Asbest oder formaldehydhaltige Holzprodukte. Die Ergebnisse fließen in ein BIM-Modell, in dem ökologische Alternativen – etwa Kalkputz statt konventioneller Dispersionsfarbe – hinsichtlich CO2-Bilanz und Lebenszykluskosten simuliert werden. Kreditinstitute honorieren dokumentierte Transparenz bei der Bewertung von Sanierungsprojekten.

Lebenszykluskosten und Wirtschaftlichkeit

Ein mineralischer Anstrich verursacht zwar bis zu 15 % höhere Initialkosten, erreicht jedoch Standzeiten von 20–25 Jahren. Standarddispersionen erfordern häufig nach zehn Jahren eine Erneuerung. Unter Berücksichtigung von Lohnkosten und Mietausfall rechnet sich die ökologische Variante innerhalb von zwölf Jahren.

Ausführung und Baustellenmanagement

Materialpools und Ausschreibung

Ein vordefinierter Materialpool mit unabhängigen Zertifizierungen (z. B. Cradle to Cradle, Blauer Engel, eco-Institut) reduziert Ausschreibungsaufwand und Nachtragsrisiko. Leistungsverzeichnisse sollten verbindliche VOC-Obergrenzen nennen und eine Musterfläche zur Qualitätssicherung vorsehen.

Logistik, Klima- und Terminsteuerung

Ökologisch sensible Baustoffe verlangen angepasste Lager- und Verarbeitungsbedingungen. Kalkfarbe darf beispielsweise nicht unter +5 °C appliziert werden; Lehmputz benötigt definierte Trocknungsphasen. Ein Bauzeitenplan integriert daher Heizintervalle oder Sequenzen wie zuerst Bürotrakte, anschließend Tiefgaragenflächen. Digitale Bautagebücher dokumentieren Verbrauchsmengen sowie Entsorgungswege und lassen sich direkt in ESG-Berichte überführen.

Anwendungsbeispiele aus der Praxis

Bürogebäude

In einem 4 000 m² großen Münchner Bestandsbüro wurden Photokatalyse-Kalkfarben eingesetzt. Formaldehydwerte sanken um 70 %, das erhöhte Lichtreflexionsvermögen ermöglichte eine Reduktion der Beleuchtungsleistung um 8 %. Der Gebäudebetreiber erreichte daraufhin das DGNB-Zertifikat Gold im Kriterium „Gesundheit“.

Wohn- und Denkmalobjekte

Eine Gründerzeitvilla in Grünwald erhielt Lehmputze, Naturpigmente und FSC-zertifiziertes Parkett. Während der ersten Heizperiode verringerte sich die mittlere Luftfeuchte von 70 % auf 50 %, wodurch das Schimmelrisiko sank und Heizkosten spürbar reduziert wurden. Das anschließende Verkehrswertgutachten wies einen Marktwertzuwachs von 12 % aus.

Einzelhandel und Gewerbeflächen

Ein Innenstadt-Flagship-Store ersetzte eine PU-Bodenbeschichtung durch Linoleum mit Naturharzen. Dank geringer Geruchsemission konnte der Verkaufsbetrieb 24 Stunden nach Abschluss der Arbeiten wiederaufgenommen werden. Interne Kennzahlen belegten einen 6 % höheren Durchschnittsbon bei Bestandskundschaft, nachdem die Materialumstellung kommuniziert wurde.

Kontrollmessungen und Qualitätssicherung im Betrieb

Regelmäßige Raumluftkontrollen nach DIN EN ISO 16000 sichern die Einhaltung der zugesagten VOC-Grenzwerte und bilden die Grundlage für verlängerbare Gewährleistungsmodelle. In Bayern verlangen sowohl kommunale als auch private Investoren immer häufiger ein Messprotokoll sechs und 24 Monate nach Bezug. Werden Abweichungen festgestellt, lässt sich über digitale Wartungskalender rasch nachvollziehen, welche Charge Farbe oder welcher Bodenbelag betroffen ist. Präzise Chargenrückverfolgung reduziert Stillstandszeiten und stärkt die Argumentationsbasis gegenüber Versicherern.

Innovationen bei Farben und Oberflächen

Modifizierte Silikatfarben mit hydrophober Ausrüstung koppeln die Diffusionsoffenheit klassischer Kaliwasserglas­systeme mit erhöhter Reinigungsbeständigkeit (Scheuerklasse 1 nach DIN EN 13300). In Münchner Coworking-Flächen werden sie zunehmend als Alternative zu Latexdispersionen eingesetzt, weil sie die Wiederbeschichtung um bis zu drei Jahre hinauszögern. Auf Böden gewinnen sogenannte „Biopolymer-Terrazzi“ an Bedeutung: Bindemittel auf Milchsäurebasis verbinden regionalen Kalksplitt mit nachwachsenden Rohstoffen und reduzieren den Primärenergiebedarf im Vergleich zu Epoxidterrazzo um rund 40 %. Für Akustikdecken kommen Formteile aus bayerischem Hanfschäben-Vlies zum Einsatz, die über thermische Verpressung ohne synthetische Klebstoffe auskommen und sich sortenrein zurückbauen lassen.

Ressourcenmanagement und Rückbau

Die Bayerische Ersatzbaustoffverordnung eröffnet pilotweise die Möglichkeit, rückgewonnenen Gips aus Innendämmplatten wieder in Produktionskreisläufe einzuspeisen. Planer erzielen dafür aktuell Gutschriften von bis zu 45 €/t, sofern Sortierreinheit und Schadstofffreiheit digital belegt sind. Praxisgerecht ist ein Farb- und Spachtelschichtenregister, das Schichtdicken, Bindemittelsysteme sowie Entsorgungsklassen dokumentiert. Solche Register sind bereits als BIM-Plug-in verfügbar und beschleunigen die Mengenermittlung für künftige Umbauten. Bei mineralischen Systemen kann der Rückbau vollständig staubarm erfolgen, wodurch im dicht bebauten Münchner Stadtkern zusätzliche Genehmigungsschritte entfallen.

Haftungs- und Versicherungsaspekte

Bei nachhaltigen Innenrenovierungen verschieben sich Haftungsrisiken von der Substanzschädigung hin zu gesundheitlichen Auswirkungen. Versicherer gewähren Prämienrabatte von bis zu 12 %, wenn emissionsarme Baustoffe nachweislich verbaut sind und ein post-occupancy monitoring erfolgt. Gleichzeitig steigt die Regressgefahr: Wird eine „VOC-freie“ Beschichtung beworben, haftet der Verarbeiter für die Einhaltung des Grenzwerts von 0,3 mg/m³ nach EN 16516. Vertragswerke sollten daher eine klare Verantwortungszuordnung für Produktauswahl, Verarbeitungstemperatur und Lüftungsstrategie enthalten.

Finanzierungsmodelle und steuerliche Hebel

Regionalbanken wie die Münchner Bank eG koppeln Tilgungsnachlässe an DGNB- oder LEED-Scoring. Für Innenrenovierungen sind dabei maximal 15 % der förderfähigen Investitionssumme über ein sogenanntes Green-Bonus-Darlehen abbildbar. Bei Gewerbeobjekten kann zusätzlich die degressive Afa nach § 7 EstG genutzt werden, sofern die Maßnahme als wesentliche Verbesserung der Gebäudesubstanz eingestuft wird. Durch kluge Kombination lassen sich Eigenkapitalanforderungen um bis zu 8 Prozentpunkte reduzieren – ein relevanter Faktor bei engen Cashflow-Prognosen. Die notwendigen Nachweise liefert in der Regel ein Ökobilanz-Report nach DIN EN 15804, der ohnehin für ESG-Berichte benötigt wird.

Schulungsbedarf und Fachkräftebindung

Der Umstieg auf Kalk- und Lehmputzsysteme erfordert spezialisiertes Handwerk. In Oberbayern bieten mittlerweile fünf Meisterschulen Zusatzmodule „Ökologischer Innenausbau“ an, die praxisorientierte Verarbeitungstechniken vermitteln. Bauunternehmen, die ihre Fachkräfte dort zertifizieren lassen, berichten von bis zu 20 % geringerer Fluktuation. Gleichzeitig honorieren Auftraggeber qualifizierte Teams mit verkürzten Abnahmefristen, weil das Mängelrisiko sinkt.

Digitale Werkzeuge für Ausschreibung und Controlling

Leistungsverzeichnisse werden zunehmend mit Umweltproduktdeklarationen (EPD) verknüpft. Eine Softwarelösung wie die „Bayerische LV-Cloud“ hinterlegt EPD-Kennwerte direkt im Positionstext und generiert automatisch Subunternehmer-Fragebögen für Stoffstromnachweise. Während der Bauausführung ermöglichen QR-Codes auf Materialgebinden eine App-basierte Erfassung von Verbrauch, Restmengen und Entsorgungsweg. Diese Daten fließen in CO₂-Dashboards ein und erleichtern die Pflichterfüllung nach CSRD-Richtlinie.

Lessons Learned aus bayerischen Pilotprojekten

Auswertungen von 17 Projekten mit insgesamt 58 000 m² BGF zeigen drei wiederkehrende Erfolgsfaktoren: Erstens korreliert eine frühe Materialfestlegung (Leistungsphase 2) mit einem um 9 % geringeren Nachtragsvolumen. Zweitens verringert die Integration eines Raumklimakonzepts in die HOAI-Leistungsphase 3 die Gewährleistungsfälle um gut ein Drittel. Drittens steigert der Einsatz regional verfügbarer Naturdämmstoffe die Fördersumme im Schnitt um 6 €/m², da mehrere Programme kumulierbar sind.

Zukünftige Entwicklungen und Marktausblick

Die EU plant eine schrittweise Verschärfung der ChemVOCFarbV-Grenzwerte bis 2030, was den Marktanteil rein mineralischer Systeme weiter erhöhen dürfte. Parallel dazu rücken reversible Verbindungstechniken in den Fokus: Schraubbare Sockelleisten, klammerbare Akustikpaneele und aufschmelzbare Biopolymer-Kleber ermöglichen sortenreine Demontage. Für Investoren bedeutet dies höhere Restwerte der Bauteile und eine schnellere Anpassbarkeit an Nutzungsänderungen. Prognosen des ifo Instituts gehen für Bayern von einem jährlichen Wachstum nachhaltiger Innenausbauten von 10 % aus, während klassische Dispersionssysteme stagnieren.

Fazit
Nachhaltige Innenrenovierung ist in Bayern vom Nischenthema zum wirtschaftlichen Standard gereift. Wer frühzeitig emissionsarme Materialien vertraglich fixiert, digitale Qualitätssicherung etabliert und Fördermittel bündelt, senkt Betriebskosten, reduziert Haftungsrisiken und verbessert Finanzierungskonditionen. Entscheider sollten jetzt Schulungen einplanen, Materialpools definieren und Rückbaukonzepte in den BIM-Prozess integrieren, um künftige Regulierungen souverän zu erfüllen.

Falls Sie eine ausführlichere Beratung oder ein konkretes Angebot wünschen, senden Sie uns eine Anfrage:
👉 Kontaktformular
Oder nutzen Sie unser Anfrageformular:
👉 Zum Angebotsformular

Zurück zum Blog

Kontakt

Bitte zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren! Wir versuchen, immer mit Ihnen in Kontakt zu bleiben und Ihre Anliegen schnellstmöglich zu bearbeiten.

Hauptinfo

Landsberger Straße 394, 81241 München

Folgen Sie uns in den sozialen Medien