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Energiewende im Bauwesen: Energiespeicher für Mehrfamilienhäuser in Bayern – Technik, Wirtschaftlichkeit und Fördermöglichkeiten im Fokus

Energiewende im Bauwesen: Energiespeicher für Mehrfamilienhäuser in Bayern – Technik, Wirtschaftlichkeit und Fördermöglichkeiten im Fokus

Energiespeicher in Mehrfamilienhäusern – Technik, Wirtschaftlichkeit, Förderung

Rahmenbedingungen im Großraum München

Die Strompreise in Bayern haben sich in den vergangenen Jahren deutlich beschleunigt, während zugleich strengere Klimavorgaben und ESG-Kriterien in die Bau- und Sanierungsplanung einfließen. Für Eigentümer größerer Wohnanlagen entstehen dadurch zwei zentrale Herausforderungen: Erstens muss der Primärenergiebedarf dauerhaft gesenkt werden, zweitens dürfen Anschluss- und Betriebskosten nicht ausufern. Stationäre Energiespeicher entwickeln sich deshalb zum festen Bestandteil moderner Mehrfamilienhäuser, da sie den Eigenverbrauch aus Photovoltaikanlagen steigern, Netzentgelte reduzieren und künftige Ladeinfrastruktur für Elektromobilität absichern.

Parallel zur Preisentwicklung setzt die Gesetzgebung neue Impulse. Die Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) priorisiert Eigenverbrauchslösungen, während die EnSiG-Novelle ab 2024 Lastmanagement­nachweise für Objekte mit umfangreicher Ladeinfrastruktur fordert. In der Summe entsteht ein regulatorisches Umfeld, in dem Speicherlösungen nicht nur ökologisch, sondern auch betriebswirtschaftlich notwendig werden.

Technische Ausprägungen stationärer Batteriespeicher

In Mehrfamilienhäusern dominieren elektrochemische Speicher wegen ihrer hohen Energiedichte und des guten Wirkungsgrades. Hauptsächlich kommen Lithium-Ionen-Systeme zum Einsatz, daneben spielen Redox-Flow- und Natrium-Nickel-Chlorid-Batterien in Spezialanwendungen eine Rolle.

Lithium-Ionen-Systeme

Aktuelle Lithium-Ionen-Speicher liegen bei Gesamtwirkungsgraden von 92 – 96 %. Die gängigen Zellchemien NMC und LFP unterscheiden sich hinsichtlich Zyklenfestigkeit, Temperaturverhalten und Sicherheitsanforderungen. Für Dach-PV-Anlagen zwischen 30 kWp und 500 kWp sind typischerweise modular aufgebaute Schranksysteme von 50 kWh bis 200 kWh gebräuchlich. Die Leistungselektronik kommuniziert mittels Modbus/TCP oder SunSpec-Protokoll und unterstützt Inselbetrieb nach VDE-AR-N 4105.

Redox-Flow-Batterien

Bei Redox-Flow-Systemen wird die Energie in zwei flüssigen Elektrolyten gespeichert. Kapazität und Leistung lassen sich getrennt skalieren, wodurch diese Technologie für Quartierspeicher über 500 kWh interessant ist. Investitionskosten liegen noch etwa ein Drittel über Lithium-Ionen-Systemen, werden aber durch geringes Brandrisiko und lange Lebensdauer kompensiert.

Natrium-Nickel-Chlorid-Technologie

Hochtemperaturbatterien auf NaNiCl-Basis halten Umgebungstemperaturen bis 60 °C stand. Dadurch lassen sie sich in Technikräumen mit Abwärmequellen wie Blockheizkraftwerken integrieren. Die Selbstentladung ist höher als bei Lithium-Systemen, jedoch bieten sie einen erweiterten Temperaturarbeitsbereich ohne aktive Kühlung.

Wirtschaftliche Kennzahlen

Für die Bewertung eines Speichersystems werden üblicherweise die Levelized Cost of Storage (LCOS) herangezogen. In der 100-kWh-Größenklasse liegen LCOS-Werte für Lithium-Systeme im Großraum München derzeit zwischen 12 ct/kWh und 18 ct/kWh, sofern mindestens 4 000 Vollzyklen erreicht werden. Zum Vergleich: variable Stromkosten inklusive Netzentgelten bewegen sich in derselben Region bei 25 – 30 ct/kWh.

Eigenverbrauchsoptimierung und Lastmanagement

  • Priorisierung: Zunächst werden Allgemeinstromzähler bedient, danach Mieterstrom und zuletzt Ladepunkte.
  • Prognosegesteuerte Algorithmen steigern laut Messdaten die Speicher­auslastung um bis zu 10 %.
  • Ein 120-kWh-Speicher in einem Gebäude mit 20 Wohneinheiten erhöht die Eigenverbrauchsquote erfahrungsgemäß von rund 35 % auf bis zu 75 %.
  • Durch Peak-Shaving sinkt die bestellte Leistung beim Netzbetreiber um bis zu 30 %, was sich unmittelbar in der Grundgebühr niederschlägt.

Lebenszykluskosten

Die Gesamtinvestition für ein schlüsselfertiges 100-kWh-System inklusive Energiemanagement bewegt sich im mittleren sechsstelligen Eurobereich. Tilgungszuschüsse aus dem BEG können bis zu 10 % abdecken. In Verbindung mit steuerfreien Mieterstromerlösen ergeben sich Amortisationszeiten von sieben bis neun Jahren. Gutachten für den Münchner Immobilienmarkt zeigen, dass die erzielbare Objektwertsteigerung durch kapitalisierte Einsparungen bei rund drei Prozent liegt.

Normen, Richtlinien und Förderprogramme

Die Umsetzung von Batteriespeichern ist an eine Vielzahl technischer Regeln geknüpft. Planende Stellen müssen darüber hinaus Förderrichtlinien einhalten, um Zuschüsse nicht zu gefährden.

Förderprogramme auf Bundes- und Landesebene

  1. KfW BEG WG (Programme 264, 297/298): zinsvergünstigte Kredite und Tilgungszuschüsse für Speicher in Wohngebäuden und Quartieren.
  2. 10 000-Häuser-Programm Bayern: Zuschüsse für Speicher in Kombination mit Photovoltaik ab 10 kWp.
  3. BAFA-Spitzenausgleich: Förderung von netzdienlichen Funktionen wie Peak-Shaving gemäß § 7 SPAEfV.

Regulatorische Anforderungen

  • VDE-AR-N 4105 und VDE 0100-420 definieren Schutzkonzepte, Kurzschluss- und Erdschlussüberwachung.
  • Die EnSiG-Novelle verpflichtet ab 2024 zu Lastmanagementnachweisen bei mehr als zehn Ladepunkten.
  • EU-Taxonomie verlangt Nachweis der CO₂-Reduktion; Batteriespeicher erleichtern das Erreichen der Primärenergie-Grenzen gemäß NRWB.

Planung und Integration

Lastprofilanalyse

Eine 12-monatige Messung des Strombedarfs bildet die Basis für die Auslegung der Speichergröße. Neben Tages- und Wochenprofilen müssen saisonale Effekte berücksichtigt werden.

Dimensionierung und Schnittstellen

Die Wechselrichterleistung ist so zu wählen, dass simultane Lade- und Entladevorgänge möglich bleiben, ohne die Entnahmepunkte des Netzbetreibers zu überlasten. Eine frühzeitige Abstimmung mit dem Verteilnetzbetreiber vereinfacht die Genehmigung.

Brandschutz und Statik

Batterieschränke erreichen in der Regel Feuerwiderstandsklasse F90. Dennoch sind Zu- und Abluftöffnungen sowie Notabschaltvorrichtungen vorzusehen. In Bestandsbauten kann eine Verstärkung der Bodenplatte erforderlich sein; typische Flächenlasten liegen bei 300 – 500 kg/m².

Betrieb und Wartung

Webbasierte Monitoring­systeme ermöglichen Ferndiagnosen und verkürzen Reaktionszeiten bei Störungen. Empfohlene Wartungsumfänge umfassen Sichtkontrolle, Software-Updates und Isolationsmessung. Garantieverlängerungen auf bis zu 15 Jahre kosten im Mittel fünf Prozent der Investition, senken jedoch das Ausfallrisiko erheblich.

Praxisbeispiele aus München und Umgebung

Sanierung von Gründerzeitobjekten in Schwabing

Drei denkmalgeschützte Gebäude mit 48 Wohneinheiten erhielten eine PV-Anlage von 240 kWp und einen 150-kWh-Lithium-Speicher. Die Nebenkosten sanken nach Inbetriebnahme um 28 %; der Leerstand während der Maßnahme blieb unter zwei Monaten pro Einheit.

Neubauquartier in der Flughafenregion

Ein Projekt mit 120 Wohnungen nutzt ein Speichercluster von 600 kWh, das 40 Ladepunkte versorgt. Die bestellte Netzleistung konnte von 800 kVA auf 400 kVA halbiert werden. Interne Berechnungen weisen eine Kapitalrendite von 9,2 % über 20 Jahre aus. Die Speicherlösung ist außerdem mit einer Wärmepumpe verknüpft, die in Niedertarifzeiten geladen wird.

Zukunftsfähige Betriebskonzepte

Neben klassischen Eigenverbrauchsstrategien setzt sich im urbanen Raum zunehmend das „Shared Storage“-Modell durch. Dabei wird der Batteriespeicher als Quartiersinfrastruktur geführt, sodass mehrere Mehrfamilienhäuser auf denselben Energiespeicher zugreifen. Das Modell reduziert Capex pro Wohneinheit, steigert die Auslastung der Leistungselektronik und vereinfacht den Netzzugang bei Ladevorgängen. Betreiber können über eine Mieterstromgesellschaft oder ein Energiedienstleistungs-Contracting agieren; im letzteren Fall übernimmt ein Dritter Planung, Finanzierung und Betrieb und refinanziert sich über Stromlieferungen und Netzdienstleistungen.

Realisierungsschritte und Ausschreibung

Die Praxis zeigt, dass eine zweistufige Ausschreibung Kostensicherheit bringt. In Stufe 1 wird das Systemkonzept mit Leistungsdaten, Speichertechnologie und Netzkostenabschätzung eingeholt. Erst nach Netzdatenfreigabe folgt Stufe 2 mit Festpreisangebot, Liefertermin und Servicevereinbarung. Ausschreibungsunterlagen sollten Schaltschema, Brandschutzkonzept, Lastprofile, gewünschte Kommunikationsprotokolle sowie Garantieanforderungen umfassen. Als realistische Projektlaufzeit zwischen Erstberatung und Inbetriebnahme gelten neun bis zwölf Monate bei Neubauten, zwölf bis achtzehn Monate bei Bestandsbauten.

Genehmigungs- und Meldeverfahren in München

Zuständig ist primär die Lokalbaukommission (LBK), bei Anlagen über 135 kWh zusätzlich die Branddirektion. Für Speicher in Tiefgaragen verlangt die Bayerische Bauordnung eine Gefährdungsbeurteilung gemäß GefStoffV. Netzseitig sind Speicher ab 30 kVA beim Verteilnetzbetreiber SWM Netze anzumelden; je nach Rückspeiseleistung kann eine Netzverträglichkeitsprüfung nötig sein. Erfahrungsgemäß verkürzt ein vollständiges Datenblattpaket (Batterie, BMS, Wechselrichter) die Bearbeitungszeit von acht auf vier Wochen.

Versicherungsrechtliche Aspekte

Immobilienversicherer stufen stationäre Batteriespeicher als technische Betriebseinrichtung ein. Prämienaufschläge bewegen sich bei Lithium-Systemen zwischen 0,03 ‰ und 0,07 ‰ der Versicherungssumme, sofern EN 62619-Zertifizierung, F90-Einhausung und thermische Überwachung nachgewiesen sind. Bei Redox-Flow-Technik entfallen in der Regel Brandlastzuschläge, dafür wird eine Umweltdeckung für Elektrolytleckagen empfohlen. Wichtig für Bauherren ist die frühzeitige Abstimmung, da Versicherer häufig eine Abnahmebegleitung durch Sachverständige verlangen.

Steuerliche Einordnung und Mieterstrommodelle

Speicher, die in Kombination mit Photovoltaik betrieben werden, qualifizieren als Betriebsvorrichtungen und können über zehn Jahre linear abgeschrieben werden. Bei einem Contracting-Modell liegt die AfA beim Dienstleister, während der Gebäudeeigentümer die monatliche Servicepauschale als Betriebskosten umlegt. Für Mieterstrom greift § 42a EnWG: Bis 100 kW installierter PV-Leistung entfällt die Gewerbesteuerpflicht, wodurch der Gesamt-Cashflow des Speichers in der Immobilie verbleibt. Werden Netzdienstleistungen wie Regelleistungsbereitstellung genutzt, entsteht jedoch Umsatzsteuerpflicht auf diese Erlöse.

Technologische Weiterentwicklungen bis 2030

Forschungsdaten der TU München prognostizieren einen Rückgang der spezifischen Investitionskosten von Lithium-Eisensystemen auf unter 400 €/kWh bis 2027. Parallel steigen Zyklenfestigkeiten auf mehr als 10 000 Vollzyklen, was die LCOS nachhaltig drückt. Salzlösungsbasierte Metall-Luft-Systeme könnten ab 2028 in der 500-kWh-Klasse verfügbar sein und durch verringertes Brandrisiko neue Aufstellorte eröffnen. Für Betreiber bedeutet das: heutige Anlagen sollten modular erweiterbar ausgelegt werden und offene Kommunikationsschnittstellen nutzen, um künftige Speichertechnologien integrieren zu können.

Projektmanagement und Betriebsführung

Nach der Inbetriebnahme sichert ein detaillierter Wartungsplan den Return on Investment. Kernpunkte sind jährliche Kapazitätsmessungen, halbjährliche Firmware-Updates sowie vierteljährliche Reports zur Netznutzung. Softwaregestützte Predictive-Maintenance-Algorithmen reduzieren ungeplante Ausfälle laut Feldstudien um bis zu 60 %. Eine Kenngröße für den Betriebserfolg ist der Battery Availability Index (BAI), dessen Zielwert bei ≥ 98 % liegen sollte. Wird dieser Wert unterschritten, droht eine Verlängerung der Amortisationszeit um bis zu anderthalb Jahre.

Fazit
Stationäre Batteriespeicher entwickeln sich für Mehrfamilienhäuser in Bayern von der Option zur Notwendigkeit. Wirtschaftliche Vorteile durch Eigenverbrauchssteigerung, Netzentgeltreduzierung und steigende Immobilienwerte überwiegen die Mehrkosten, sofern Planung, Genehmigung und Wartung strukturiert durchgeführt werden. Unternehmen, die jetzt in modulare, förderfähige Systeme investieren, sichern sich langfristig Wettbewerbsvorteile, erfüllen kommende Regulatorik und schaffen die Basis für klimaschonende Quartierslösungen.

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