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Fenstererneuerung mit Bestandsschutz: Rechtliche Herausforderungen und Chancen für die Bauwirtschaft in Bayern

Fenstererneuerung mit Bestandsschutz: Rechtliche Herausforderungen und Chancen für die Bauwirtschaft in Bayern

Fenstererneuerung bei Bestandsschutz: Rechtliche Aspekte für anspruchsvolle Sanierungsprojekte

Steigende Energiepreise, strengere Klimavorgaben und der Werterhalt hochwertiger Immobilien stellen Eigentümer im Großraum München vor neue Herausforderungen. Eine moderne Fenstererneuerung bietet großes Potenzial, doch sie berührt komplexe Rechtsfragen: vom Bestandsschutz über das bayerische Baurecht bis hin zu Denkmalschutzauflagen. Dieser Beitrag zeigt, worauf Unternehmen, Investoren und Facility-Manager achten müssen, wenn sie Fenster in bestehenden Gewerbe- und Luxusobjekten austauschen oder aufrüsten wollen.

Warum das Thema jetzt wichtig ist

Die Bundesregierung verfolgt ambitionierte Klimaziele, und der Europäische Green Deal erhöht den Druck, Gebäudehüllen zu optimieren. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) fordert höhere Energieeffizienz, während der CO2-Preis fossile Heizsysteme verteuert. In Bestandsimmobilien liegen die größten Effizienzreserven häufig in der Gebäudehülle – insbesondere bei Fenstern. Gleichzeitig ist jede Baumaßnahme im Bestand ein Balanceakt zwischen Wirtschaftlichkeit, gestalterischen Vorgaben und Rechtssicherheit. Wer hier unvorbereitet startet, riskiert Verzögerungen, Kostennachteile oder sogar Nutzungsuntersagungen.

Gesetzliche Grundlagen im Überblick

Energieeinsparrecht (GEG)

Seit November 2020 bündelt das GEG die Vorgaben der früheren Energieeinsparverordnung (EnEV), des Energieeinsparungsgesetzes und des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes. Für den Fenstertausch relevant sind vor allem die Grenzwerte für den Wärmedurchgangskoeffizienten (Uw). Werden mehr als 10 % der Fensterfläche eines Gebäudes geändert, muss die neue Fläche den aktuellen Uw-Wert von 1,3 W/(m²·K) einhalten. Bei Teilflächen unter 10 % greift meist der Bestandsschutz, doch auch hier empfiehlt sich ein freiwilliger Effizienzsprung, um künftige Nachrüstpflichten zu vermeiden.

Bestandsschutz und Verhältnismäßigkeitsprinzip

Bestandsschutz bedeutet, dass rechtmäßig errichtete Bauteile weiterbetrieben werden dürfen, auch wenn sie heutigen Standards nicht entsprechen. Er verfällt aber, sobald eine „wesentliche Änderung“ vorliegt. Maßstab ist, ob die Maßnahme das Gesamtgebäude energetisch oder sicherheitstechnisch erheblich beeinflusst. Bei reinen Instandhaltungen – etwa dem Austausch defekter Glasscheiben – bleibt der Bestandsschutz bestehen. Komplette Fenstererneuerungen gelten dagegen regelmäßig als Änderung, wodurch neue Anforderungen greifen. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip eröffnet jedoch Spielräume, wenn der Aufwand außer Verhältnis zum Nutzen stünde. In Bayern beurteilt die Untere Bauaufsichtsbehörde den Einzelfall.

Baurechtliche Genehmigungsverfahren in Bayern

Für den Fenstertausch existieren drei Genehmigungswege:

Genehmigungsfreie Vorhaben (Art. 57 BayBO)
Fensterwechsel ohne Eingriff in tragende Bauteile sind genehmigungsfrei. Dennoch gelten die öffentlich-rechtlichen Vorschriften, allen voran das GEG. Eine Bauanzeige kann ratsam sein, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Genehmigungspflichtige Änderungen
Sobald die äußere Gestaltung wesentlich verändert wird, etwa bei Fenstervergrößerungen oder einer neuen Fassadenstruktur, ist ein formelles Bauantragsverfahren erforderlich.

Denkmalrechtliche Erlaubnis
Liegt das Objekt in einem Einzel- oder Ensemble­schutzgebiet, ist zusätzlich die Erlaubnis nach Art. 6 DSchG Bayern einzuholen. Sie ersetzt nicht die bauordnungsrechtliche Genehmigung.

Denkmalschutz und Ensembleschutz

Abstimmung mit dem Bayerischen Landesamt

Denkmalschutz verfolgt das Ziel, historisch wertvolle Substanz zu bewahren. Ein Fenstertausch darf deshalb die Gestalt, das Material und die Teilung nicht verfälschen. Frühzeitige Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege verkürzt den Prozess. Empfohlen sind Musterfenster, die vor Ort begutachtet werden können. Häufig akzeptiert die Behörde moderne Holz-Alu-Konstruktionen, sofern Profilbreiten, Sprossenteilungen und Farbgebung dem Original entsprechen.

Fenster im historischen Kontext

Bei denkmalgeschützten Fassaden ist der Erhalt der Sichtfläche wichtiger als der Uw-Wert. Daher erlaubt die DIN EN 16883 (Leitfaden für den Umgang mit Kulturerbe-Gebäuden) abweichende energetische Zielwerte. Es zählt ein ganzheitliches Konzept: Kombinationen aus innerer Vorfenster­montage, Klimaschutzverglasungen oder reversiblen Fenster­rahmen können Denkmalpflege und Energieeffizienz vereinen.

Planung, Ausschreibung und Vertragsrecht

Technische Spezifikation

Für Gewerbeimmobilien empfiehlt sich eine Ausschreibung nach Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm. Sie definiert Zielwerte wie Schallschutz (Rw ≥ 42 dB bei Innenstadtlagen), Einbruchhemmung (RC 2 nach DIN EN 1627) und Sonnenschutzgrade. Prüfen Sie frühzeitig, ob das Brandschutzkonzept Festverglasungen oder Öffnungsflügel verlangt. BIM-basierte Modellierung erlaubt Kosten- und Terminsicherheit, da Fensterpositionen und Anschlussdetails kollisionsfrei geplant werden können.

HOAI, VOB/B und Gewährleistung

Planungsleistungen für den Fenstertausch fallen in die HOAI-Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) bis 8 (Bauüberwachung). Bei Projekten oberhalb der EU-Schwellenwerte ist ein europaweites Vergabeverfahren erforderlich. Werkverträge sollten auf der VOB/B basieren, um klare Mängelrügen und Gewährleistungsfristen (mindestens vier Jahre) sicherzustellen. Eine Versicherung gegen Planungsfehler (Architekten-Haftpflicht) und eine erweiterte Produkthaftpflicht des Fensterbauers reduzieren das Risiko.

Umsetzungsstrategien für Großprojekte

Phasenmodell

1. Bestandsaufnahme: Laserscans erfassen Achsmaße millimetergenau, was Toleranzen bei der Vormontage minimiert.
2. Mock-up-Fenster: Bevor Serienfertigung startet, wird ein Musterfenster eingebaut und gemeinsam abgenommen.
3. Serienfertigung und Just-in-Time-Lieferung: Reduziert Lagerkosten, mindert Beschädigungen.
4. Sequenzieller Einbau: Etagenweise Vorgehensweise erlaubt parallel laufende Innenausbauten.
5. Abschluss und Monitoring: Thermografien und Blower-Door-Tests belegen die erreichten Werte.

Beteiligung von Fachplanern

Ein unabhängiger Fassadenplaner koordiniert Schnittstellen zwischen Fensterbau, Trockenbau und Gebäudetechnik. Bei hohen Schallschutzanforderungen sollte ein Akustiker früh einbezogen werden. Im Denkmalkontext ergänzt ein Restaurator das Team. Transparente Kommunikation mit allen Stakeholdern – einschließlich Mietern – verhindert Nutzerkonflikte und erleichtert die Terminplanung.

Branchenspezifische Praxisbeispiele

Büro- und Verwaltungsgebäude

Ein Investor aus München ließ ein 1980er-Jahre-Büro mit 8.000 m² Fläche modernisieren. Durch Ersatz der Aluminium-Verbundfenster durch dreifach verglaste Holz-Alu-Elemente sank der Heizwärmebedarf um 22 %. Gleichzeitig erfüllte das Gebäude die Kriterien für das DGNB-Zertifikat in Gold. Für den Mieter bedeutete das niedrigere Nebenkosten; für den Eigentümer stiegen Mieteinnahmen und Marktwert.

Luxuswohnanlagen und Private Estates

Bei einer denkmalgeschützten Stadtvilla in Gräfelfing wurde eine zweistufige Lösung umgesetzt: Erhalt der historischen Außenflügel, Einbau schlanker Holz-Innenfenster mit Wärmeschutzverglasung. Das Uw sank von 2,9 auf 1,1 W/(m²·K), ohne das Fassadenbild zu verändern. Die Maßnahme sicherte die Steuerabschreibung nach § 7i EStG und erhöhte den Komfort spürbar.

Retail- und Hospitality-Immobilien

Ein Hotelier in der Münchner Altstadt ersetzte bodentiefe Schaufenster durch hochtransparente Isoliergläser mit integrierter Beschattung. Die Klimatisierungskosten reduzierten sich um 15 %, zugleich verbesserten sich Tageslichtqualität und Außenwirkung. Eine präzise Abstimmung mit den Behörden ermöglichte die Umsetzung in nur acht Wochen Betriebsunterbrechung.

Risiken, Haftung und Versicherung

Fenstererneuerungen im Bestand bringen spezifische Risiken: unerkannte Schadstoffbelastungen (z. B. PCB in Fugendichtungen), Anschlussschäden am Mauerwerk oder mangelhafte Abdichtungen können Folgekosten verursachen. Eine fundierte Due-Diligence schließt diese Punkte ein. Projektbezogene Bauleistungs- sowie Umwelthaftpflichtversicherungen decken unvorhersehbare Ereignisse ab. Dokumentieren Sie alle Gewerkeschnitte lückenlos, um Regressansprüche klar zuordnen zu können.

Fazit

Die Fenstererneuerung im Bestand ist ein hochwirksamer Hebel für Energieeffizienz, Komfort und Wertsteigerung. Gleichzeitig erfordert sie präzise Kenntnis von Bestandsschutz, Denkmalschutz und aktuellen Normen. Wer frühzeitig Fachplaner einbindet, Genehmigungsprozesse strukturiert und hochwertige Ausführung sicherstellt, reduziert Risiken und erzielt messbare Renditen. BETSA begleitet Sie im Großraum München mit umfassender Bau- und Projektleitung – von der Bestandsanalyse bis zur schlüsselfertigen Übergabe.

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